Gotha

Person

Friedrich Fröbel

Ort

Gotha

Thema

Ortsporträts

Autor

Patrick Siebert

Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.

Urkund­lich erst­mals 775 erwähnt, ist Gotha, der Sage nach, bereits um 510 von Krie­gern des Ost­go­ten­kö­nigs Theo­de­richs des Gro­ßen gegrün­det wor­den. Unter­halb des Schloss­ber­ges sie­del­ten sie und leg­ten damit den Keim von »Gota«, wie es bei ihnen noch hieß. Unter den Ludowin­gern begann die plan­mä­ßige Anlage der Stadt, wobei der Burg Grim­men­stein, an der Stelle des heu­ti­gen Schlos­ses Frie­den­stein zur Siche­rung eines Kreu­zungs­punk­tes der Via Regia errich­tet, eine zen­trale Rolle bei der Ent­wick­lung Gothas zur MITTELALTERLICHEN HANDELSSTADT zukam. Vor allem als Umschlag­platz des belieb­ten Fär­ber­stof­fes Waid gelangte die Stadt bis in das 16. Jahr­hun­dert hin­ein zu Wohl­stand. Klas­si­sche hand­werk­li­che Gewerbe waren Tuch­pro­duk­tion und –ver­ede­lung, sowie die Her­stel­lung von Leder­wa­ren. Burg Grim­men­stein wurde 1567 durch kai­ser­li­che Trup­pen geschleift, nach­dem der Ernes­ti­ner-Her­zog Johann Fried­rich II. (1529–1595) mit sei­nem Ver­such der Wie­der­erlan­gung der Kur­würde schei­terte. Sein Bünd­nis mit dem unter Reichs­acht ste­hen­den Rit­ter Grum­bach gegen den Kai­ser ging als »Grum­bach­scher Hän­del« in die Geschichte ein und sorgte gemein­sam mit einem Groß­brand von 1545 für ver­hee­rende Ver­wüs­tun­gen in der Stadt.
Unter Ernst dem From­men (1601–1675) begann nicht nur die GESCHICHTE DER ERNESTINERRESIDENZ Gotha, son­dern 1643 auch der Bau von Schloss Frie­den­stein (1654 voll­endet). Unter Ernst, der seit 1619 unter dem Namen »der Bit­ter­süße« Mit­glied der »Frucht­brin­gen­den Gesell­schaft« war, wurde 1641 mit dem »Schul­me­tho­dus« die erste von der Kir­che unab­hän­gige Schul­ord­nung geschaf­fen und bereits ein Jahr spä­ter folgte eine Schul­pflicht für Fünf- bis Zwölf­jäh­rige. Sei­nen Bei­na­men »der Fromme« ver­diente er sich durch die Initi­ie­rung der »Ernes­ti­ni­schen Bibel« ab 1650 und durch seine strenge Lebens- und Hof­füh­rung. Seine Ver­wal­tung diente Lud­wig von Secken­dorff (1626–1692) als Modell der Staats­füh­rung für sein Poli­tik­hand­buch »Teut­scher Fürs­ten-Staat« von 1656.
EINE GROSSE KULTURELLE BLÜTE erlebt die Stadt mit dem Ein­zug der Her­zo­gin Luise Doro­thee von Sach­sen-Mei­nin­gen (1710–1767). Sie brachte die euro­päi­sche Lite­ra­tur an den Gothaer Hof, führte Kor­re­spon­denz mit Vol­taire (1697–1778) und Fried­rich II. von Preu­ßen (1712–1786) und emp­fing die Gott­scheds. Das als Schloss­thea­ter bereits 1681 ein­ge­rich­tete, EKHOF-THEATER ver­fügt nicht nur über eine der ältes­ten noch funk­ti­ons­tüch­ti­gen Büh­nen­ma­schi­ne­rien der Welt, son­dern erreichte unter sei­nem heu­ti­gen Namens­ge­ber Con­rad Ekhof (1720–1778) in den Jah­ren nach 1775 eine Spit­zen­po­si­tion in der deut­schen Thea­ter­land­schaft. Der kul­tu­relle Auf­stieg wurde von einem Auf­schwung der Natur­wis­sen­schaf­ten in der Stadt beglei­tet.. Bereits 1757 konnte die Her­stel­lung von Por­zel­lan auf­ge­nom­men wer­den. Spä­tes­tens mit der REGIERUNGSZEIT VON ERNST II. (1745–1804), der als auf­ge­klär­ter Lan­des­fürst ziel­stre­big den Aus­bau von Bil­dung und Natur­wis­sen­schaf­ten vor­an­trieb, nahm Gotha eine Spit­zen­stel­lung unter den Thü­rin­ger Fürs­ten­tü­mern ein. Nament­lich die Ein­rich­tung der Gothaer Stern­warte unter Lei­tung des Astro­no­men Franz Xaver von Zach (1754–1832) machte die Resi­denz zu einem euro­päi­schen Zen­trum der Astro­no­mie. Ein für die Ent­wick­lung des heu­ti­gen Stadt­bil­des bedeut­sa­mer Schritt war die Ent­fer­nung der Fes­tungs­ele­mente rund um Schloss Frie­den­stein und die damit ver­bun­dene Anlage eines eng­li­schen Land­schafts­parks ab 1769.
Wirt­schaft­lich machte die Stadt mit der Grün­dung der »Gothaer Feu­er­ver­si­che­rungs­bank« und der »Gothaer Lebens­ver­si­che­rungs­bank« durch Ernst-Wil­helm Arnoldi (1778–1841) in den 20er Jah­ren des 19. Jahr­hun­derts von sich reden. Noch heute tra­gen die Nach­fol­ge­un­ter­neh­men den Namen der Stadt. Auch die bereits im 18. Jahr­hun­dert ein­set­zende Ent­wick­lung einer VERLAGSLANDSCHAFT, vor allem mit dem Namen Per­t­hes und des­sen »Geo­gra­phisch-Kar­to­gra­phi­scher Anstalt« ver­bun­den, wirkt bis heute nach. Von der ver­kehrs­güns­ti­gen Lage beför­dert, wurde die Stadt zu einem wich­ti­gen Stand­ort des Maschi­nen- und im 20. Jahr­hun­dert auch des Fahr­zeug­baus. Der »Got­ha­wa­gen« gehörte als Stan­dard­stra­ßen­bahn fest zum Stra­ßen­bild der grö­ße­ren Städte der DDR. Aktu­ell fer­ti­gen die Nach­fol­ge­un­ter­neh­men Auf­lie­ger für Last­kraft­wa­gen.
IM 19. JAHRHUNDERT wurde Gotha zum Schau­platz einer wich­ti­gen poli­ti­schen Ent­wick­lung. Durch die kon­se­quent libe­rale Hal­tung des Her­zogs Ernst II. von Sach­sen-Coburg und Gotha (1818–1893) konn­ten in der Stadt ›gesamt­deut­sche‹ Kon­gresse durch­ge­führt wer­den. Her­aus­ra­gend ist hier­bei die Ver­ei­ni­gung der Arbei­ter­par­teien unter Füh­rung von Fer­di­nand Lasalle und August Bebel zur »Sozia­lis­ti­schen Arbei­ter­par­tei Deutsch­lands«, die spä­ter zur SPD umfir­miert wer­den sollte. Auch der Erfolg des Reform­päd­ago­gen Fried­rich Frö­bel (1782–1852) wurde durch einen Gothaer Bür­ger vor­an­ge­trie­ben: August Köh­ler (1821–1879) grün­dete hier den »Deut­schen Frö­bel­ver­ein«, der feder­füh­rend für die Ver­brei­tung der Frö­bel­schen Reform­ideen wer­den sollte.
Wie reich­hal­tig die kul­tu­relle His­to­rie einer Stadt ist, zeigt sich an den mit ihr ver­bun­de­nen Namen und hier hat Gotha bis in DIE GEGENWART eine Menge zu bie­ten. Zu den vie­len schon genann­ten Namen kom­men Lukas Cra­nach der Ältere (1472–1553), der Barock­kom­po­nist und Orga­nist Johann Pachel­bel (1653–1706) oder auch Gus­tav Frey­tag, der ab 1851 in Gotha-Sieb­le­ben lebte. In der Stadt gebo­ren wur­den Kas­par Stie­ler (1775–1836), der maß­geb­lich an der Ent­wick­lung der moder­nen Kar­to­gra­phie in Deutsch­land betei­ligt war, der Her­aus­ge­ber von »Mey­ers Kon­ver­sa­ti­ons­le­xi­kon«, Joseph Meyer (1796–1856) und der Pia­no­fa­bri­kant Carl Bech­stein (1826–1900). Auch die Schrift­stel­le­rin­nen Sig­rid Damm (*1940) und Kath­rin Schmidt (*1968) sind Töch­ter der Stadt.

Unter dem Motto »BAROCKES UNIVERSUM GOTHA« arbei­tet die Stadt aktu­ell an der Schaf­fung einer Muse­ums­land­schaft mit dem Zen­trum Schloss Frie­den­stein. Mit der Neu­kon­zi­pie­rung der Aus­stel­lun­gen und einer Ver­ein­heit­li­chung der Prä­sen­ta­tion der Berei­che soll ein musea­les Zen­trum mit Strahl­wir­kung über Thü­rin­gen hin­aus geschaf­fen werden.

 Gotha:

  1. Gotha im Mittelalter
  2. Gotha in Humanismus und Reformation
  3. Gotha wird Residenz
  4. Luise Dorothee und die erste kulturelle Blüte
  5. Das Gothaer Theater
  6. Gotha unter Ernst II. und dessen Sohn Emil August
  7. Gotha als Verlagsstadt
  8. Gotha nach der großen Blüte
  9. Gotha von 1900 bis zur Gegenwart
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