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Patrick Siebert
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
Mit Ernst dem Frommen (1601–1675) gewann Gotha auf vielen Gebieten an Profil. Bis heute weithin sichtbar ist Schloß Friedenstein nicht nur Symbol der Wettinerherrschaft im Herzogtum Sachsen-Gotha, sondern von Beginn an auch ein Ort der Kunst und Wissenschaft. Der 1641 fertiggestellte »Schulmethodus« sah die obersten Ziele der Erziehung Kinder im »fertigen Lesen« und zum »notwendigen Schreiben«. Und mit dem »Teutsch ABC und SyllabenBüchlein« von 1641 und dem »Teutschen Lesebüchlein« von 1643 schuf Andreas Reyher (1601–1673) auch die passenden Unterrichtsmaterialien.
Mit Salomon Glass (1593–1656) bestellte Ernst einen Superintendanten mit der Aufgabe einen neuen Katechismus zu verfassen. Dieser, 1642 erschienen, verdrängte den lutherischen Text. Populär wurde das »Christliche Hauß-Kirch-Büchlein: darinnen gelehret und gezeiget wird, wie ein Christ nicht allein für sich« aus dem Jahr 1647. Damit schuf Glass eine allgemeinverständliche Dogmatik für den Hausgebrauch. Das nach Leopold von Ranke »beliebteste Handbuch der deutschen Politik« schrieb der ab 1645 als Bibliothekar in Gotha angestellte Veit Ludwig von Seckendorff (1626–1692). In seinem »Teutsche[n] Fürsten-Staat« gilt der Gothaer Hof als Idealtypus eines Herrscherhofes. Mit Hiob Ludolf (1624–1704) wurde der Begründer der Äthiopistik auf Schloss Friedenstein gefördert. Zu dessen Wegbegleitern gehörte Abba Gregorius (1600–1658,) ein äthiopischer Priester. Der Abba weilte auf Einladung des Herzogs in Gotha. Zusammen mit Ludolf verfasste Gregorius Wörterbücher und Grammatiken afrikanischer Sprachen. Auch wenn Ernst kein Freund des Theaters war, wirkte mit Daniel Richter (vor 1630–1683) ein wichtiger Theaterautor am Gothaer Hof. Mit einem großen Komödiengemach, das später zum Ekhof-Theater umgebaut wurde, war bereits eine Räumlichkeit für das Bühnenspiel geschaffen worden. Vor allem Richters »Trauer- und Lustspiels von der argen Grundsuppe der Welt« aus dem Jahr 1669 wurde bekannt. Nicht nur wegen seines merkwürdigen Titels, sondern auch als Musterstück des barocken Dramas, mit dem schändlichen Hof auf der einen Seite und der christlichen Tugendlehre auf der anderen Seite war das Stück beliebt. Auf ganz andere Weise setzte sich Friedrich Rudolphi (1642–1722) mit dem Kleinstaat auseinander. Er schafft mit seiner »Gotha diplomatica« von 1716 die erste deutschsprachige Landeskunde. Der später vor allem in Halle wirkende August Hermann Francke (1662–1727), dessen Name durch die gleichnamigen Stiftungen verewigt ist, verlebte in Gotha von 1666–1684 seine Kinder- und Jugendzeit.
Der Nachfolger von Ernst dem Frommen, Friedrich I. von Sachsen-Gotha und Altenburg (1646–1691) war nicht nur Mitglied der »Fruchtbringenden Gesellschaft«, sondern auch der Gründer des heutigen Ekhof-Theaters. Am Geburtstag der Herzogin Christina am 1.11.1683 wurde die Bühne mit der deutschen Oper »Die geraubte Proserpina« eröffnet. Der Herzog vertraute seinem Tagebuch an: »Umb 3 Uhr aufgestanden, hernach wurde die opera von der geraubten Proserpina gespiehlet. Und ist dieses die Erste opera, So ich habe spielen lassen.«. Noch bis 1701 wurden zu festlichen Anlässen Opernaufführungen gegeben, dann brach der »Thüringische Opernstreit« aus. Durch eine harsche Kritik des Gothaer Schulrektors Gottfried Vockerodt (1665–1727) am »Mißbrauch der freyen Künste, insonderheit der Music« in der genauso benannten Streitschrift ausgelöst, sorgten pietistische Ideen für ein jahrzehntelanges Fehlen des Musiktheaters in Gotha. Auch an den Pietismus angelehnt waren die Lieder von Ludwig Andreas Gotter (1661–1735), dessen »Herr Jesu, Gnadensonne« bis heute gerne gesungen wird.
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