Eisenach

Die kreis­freie Stadt Eisen­ach, mit ihren 42.000 Ein­woh­nern, ist eine Stadt mit vie­len Namen: Wart­burg­stadt, Bach­stadt, Luther­stadt. Das deu­tet auf die, für eine Ort­schaft die­ser Grö­ßen­ord­nung, unge­wöhn­lich rei­che kul­tu­relle Tra­di­tion hin. Bereits im 8. Jahr­hun­dert gegrün­det, war die Stadt mit der Wart­burg nicht nur Resi­denz der ers­ten Thü­rin­ger Land­gra­fen der Ludowin­ger, son­dern auch der Wet­ti­ner, die 1247 das Land­gra­fen­amt über­nah­men. Vor allem mit den Ludowin­gern Her­mann I., wäh­rend des­sen Regent­schaft (1190–1217) der Eisen­acher Hof eine lite­ra­ri­sche Blüte erlebte, von der der legen­däre Sän­ger­krieg auf der Wart­burg bered­tes Zeug­nis ablegt, und Lud­wig IV., genannt der Hei­lige, des­sen Frau als Eli­sa­beth von Thü­rin­gen 1235 hei­lig­ge­spro­chen wurde, ver­bin­det sich vor einer eher ruhi­gen Phase IM 14. und 15. Jahr­hun­dert ein ers­ter Höhe­punkt in der his­to­ri­schen Bedeu­tung der Stadt.
Einen sol­chen erreichte sie erst 1521/22 wie­der, als auf der Wart­burg ein gewis­ser »Jun­ker Jörg« seine Über­tra­gung des Neuen Tes­ta­men­tes in die deut­sche Spra­che ins Werk setzte und damit einen wich­ti­gen Bestand­teil der Refor­ma­tion schuf. Eine wich­tige städ­te­bau­li­che Phase lei­tete der Stadt­bau­meis­ter Hanns Leon­hardt ein, von des­sen reprä­sen­ta­ti­ven Bür­ger­häu­sern von allem das Rat­haus der Stadt und das Luther­haus bis heute ihre Wir­kung ent­fal­ten. 1685 erblickte Johann Sebas­tian Bach hier das Licht der Welt, der bekann­teste Kom­po­nist mit Ver­bin­dung zu Eisen­ach, neben dem auch Johann Pachel­bel und Georg Phil­lip Tele­mann hier wirkten.
Bis heute steht, als Zeug­nis einer neuen Blüte der Stadt, das zwi­schen 1742 und 1751 errich­tete Stadt­schloss am Markt­platz. In die­ser Zeit wan­delte sich die Resi­denz zur Kul­tur­stadt. Nament­lich im Zir­kel der Julie von Bech­tols­heim tra­fen sich Grö­ßen der Zeit wie Wie­land, Goe­the, Madame de Staël oder Fried­rich de la Motte Fouqué.
Am 18. Okto­ber 1817 tra­fen sich unter dem Wahl­spruch »Ehre, Frei­heit, Vater­land« 500 Stu­den­ten aus ganz Deutsch­land, um 300 Jah­ren Refor­ma­tion und des Endes der Völ­ker­schlacht zu geden­ken, wel­ches sich an die­sem Tag zum vier­ten Mal jährte. Nach­hal­tig in Erin­ne­rung blieb, daß hier neben mon­ar­chis­ti­schen Sym­bo­len auch Bücher ver­brannt wur­den. Zu den »ver­brann­ten Autoren« gehör­ten August von Kot­ze­bue und Saul Ascher. Die­ses Tref­fen wurde ein Fanal für die junge Natio­nal­be­we­gung. Die For­de­run­gen nach einem freien und ein­heit­li­chen Deutsch­land waren von da an nicht mehr zu überhören.
Auch die Wie­der­her­stel­lung der Wart­burg 1841 war vom Geist des Natio­nal­ge­fühls getra­gen. Als öffent­li­cher Gedenk­ort kul­tu­rel­ler Natur kon­zi­piert, soll­ten Lite­ra­tur und Musik von Beginn an auf der Burg eine Rolle spie­len. Ein Ergeb­nis die­ser Bemü­hun­gen ist die Wart­burg-Biblio­thek, deren ers­ter Biblio­the­kar der Schrift­stel­ler Richard Voß wurde.
Ein Ort von lite­ra­ri­scher Bedeu­tung ist die Reu­ter­villa, in der Fritz Reu­ter von 1866 bis zu sei­nem Tod 1874 lebte. Hier emp­fing er Besuch von Dich­tern wie Hein­rich Hoff­mann von Fal­lers­le­ben und Fried­rich Rückert.
1869 wurde die Stadt wie­derum Schau­platz eines poli­ti­schen Ereig­nis­ses von beträcht­li­cher Trag­weite: Im Gast­haus »Gol­de­ner Löwe« grün­de­ten August Bebel und Wil­helm Lieb­knecht die Sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Arbei­ter­par­tei, Keim­zelle der SPD. Bis zur Jahr­hun­dert­wende erlebte die Stadt einen raschen wirt­schaft­li­chen Auf­schwung. Die Indus­tria­li­sie­rung brachte eine moderne Infra­struk­tur wie ein Was­ser­werk (1874), ein Elek­tri­zi­täts­werk (1892) und die heute nicht mehr im Betrieb befind­li­che Stra­ßen­bahn (1896) mit sich. Eisen­ach wurde Tagungs- und Kongressstadt.
Bis in das 20.  Jahr­hun­dert wurde die Stadt von lite­ra­ri­schen Grö­ßen besucht. Zu ihnen gehör­ten Lew Niko­la­je­witsch Tol­stoi (1861), Theo­dor Fon­tane (1873) und Ger­hart Haupt­mann (1928). Unrühm­li­che Berühmt­heit fand der 1935 auf der Wart­burg abge­hal­tene »Deut­sche Dich­ter­tag« unter natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ägide. Nur wenige Jahre nach dem Ende des Natio­nal­so­zia­lis­mus fan­den zwei von Otto Rie­del orga­ni­sierte gesamt­deut­sche Schrift­stel­ler­ta­gun­gen auf der Burg statt.

 Eisenach:

  1. Eisenach im Mittelalter – Der Hof als Zentrum höfischer Dichtung
  2. Der Sängerkrieg
  3. Vom Beginn des 14. Jahrhunderts bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts
  4. Von der Reformation bis zur barocken Residenz
  5. Eisenach von der Klassik bis 1900
  6. Wiederaufbau der Wartburg
  7. Reutervilla
  8. Das 20. Jahrhundert
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