Literatur aus Buchenwald
12 : Anton Korotschka – »Lieder vom Land«

Person

Anton Korotschka

Ort

Gedenkstätte Buchenwald

Thema

Thüringen im literarischen Spiegel

Autor

Anton Korotschka

Wulf Kirsten / Annette Seemann (Hg.) nach der Originalausgabe von Andé Verdet: Der gefesselte Wald. Gedichte aus Buchenwald. Französisch – Deutsch, Wallstein Verlag, Göttingen 2013.

Anton Korot­schka

Lie­der vom Land

 

I

Die Frei­heit schien auf im hor­ni­gen Holz
Im Signal eines Partisanen …
Die Kri­mi­nel­len, von Angst bedrängt …
Und waren doch zehn im Dorf,
Und waren doch hundert,
Dann tausend,
In dem gemar­ter­ten Dorf,
Wo die Erhäng­ten sich misch­ten mit Erschossenen
Hand in Hand, als woll­ten sie sagen: »Zurück, Banditen!«

Im Him­mel blü­hen Sterne …
Für jeden ein Kin­der­lä­cheln, leuchtend.
Unten, auf der Erde, erhe­ben sich
Junge ver­kohlte Kno­chen, bil­den ein Wehr
Von Asche: här­ter noch als Stahl.

Die Frei­heit schien auf im hor­ni­gen Holz
Im Signal eines Partisanen …
Die Kri­mi­nel­len, von Angst bedrängt …
Und waren doch mehr als tausend;
Er ging alleine, er,
Mit sei­nem Dolch …
Und ein gan­zes nutz­lo­ses Volk zitterte.

 

II

Nah bei mei­nem Haus
War da ein Wald.
Im Wald rief ein Kuckuck
Der mir immer sagte, am Abend,
Ich kam aus der Schule:

»Anton, das Leben ist schön,
Aber man muss es finden.
Es ist wie ich, ein klei­nes Wunder,
Man hört mich und fängt mich doch nie.«

Ich fand das Leben,
Das glück­li­che, in mei­nem Land.

Jetzt ver­fau­len zu müssen,
Bei den Barbaren,

Wie ist das traurig!
Ach, Kuckuck, ich höre dich gut
Auf der ande­ren Seite des Lebens .…

 

III

Ich bin noch ganz jung,
Und doch werd ich sterben.

Kame­ra­den, denkt an mich,
Ein wenig.
Kampf­ge­fähr­ten, ach Brüder
Der schöns­ten Hoffnung.

Denkt dran, ich liebte mein Land,
Arbei­tete, ehr­lich und froh.
Denkt dran, ich liebte mein Mädchen,
Sie wiegte sich im lachen­den Korn.
Denkt dran, ich liebte den Vater
Mit sei­nen Fäus­ten, Gra­na­ten der Revolution.
Denkt dran, ich liebte die Mutter,
Ach! Von ihr sag ich euch nichts …
Meine Mutter!

Denkt dran, ich liebte euch,
Kame­ra­den, meine Brüder.

 

Diese Gedichte des Ser­gean­ten Korot­schka der Roten Armee sind auf sei­nem Ster­be­bett von sei­nem Kame­ra­den André Ver­det auf­ge­nom­men worden.

 Literatur aus Buchenwald:

  1. Bruno Apitz – »Das kleine Lager«
  2. Ruth Elias – »Die Hoffnung erhielt mich am Leben« (Auszug)
  3. Julius Freund – »Der Schriftsteller als Leichenträger – Jura Soyfer«
  4. Carl Laszlo – »Erinnerungen eines Überlebenden«
  5. Fritz Lettow – »Arzt in den Höllen« (Auszug)
  6. Fritz Löhner-Beda – »Buchenwaldlied«
  7. Jacques Lusseyran – »Leben und Tod«
  8. Judith Magyar Isaacson – Die Hyäne
  9. Hélie de Saint Marc – »Jenseits des Todes«
  10. Siegfried Oppenheim – »[Die Gulaschnacht]«
  11. Ernst Wiechert – »Der Totenwald«
  12. Anton Korotschka – »Lieder vom Land«
  13. Rolf Grashey – »Erinnerung«
  14. Fritz Grünbaum – »Der rote Pegasus«
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