Das Literaturmuseum »Theodor Storm« (Abb. 1) – mit einer Dauerausstellung in sieben Räumen zu Storms Leben und künstlerischem Schaffen in Heiligenstadt von 1856 bis 1864 – befindet sich im 1436 im fränkischen Fachwerkstil errichteten Mainzer Haus »Am Berge«. Gewohnt hat die Storm-Familie hier freilich nicht, nur musste der Kreisrichter Theodor Storm täglich von seiner Dienststelle, die sich im Schloss oben auf dem Berg befand, hier vorbei und hinunter in seine Wohnung in die Wilhelmstraße 73 gehen. Daran erinnert auch die Storm-Skulptur vor dem Museum, die der Bildhauer Werner Löwe 1988 – bewusst auf einen erhöhenden Sockel verzichtend – als lässigen Flaneur geschaffen hat, der mitten unter die heutigen Spaziergänger zu treten scheint (Abb. 2).
Storms erste Wohnung in Heiligenstadt befand sich damals noch außerhalb der Stadtmauer auf einem weitläufigen Grundstück vor dem Kasseler Tor (heute Liesebühl 2 mit einer Gedenktafel), auf dem Storms Bruder Otto, der zeitgleich mit seinem älteren Bruder nach Heiligenstadt kam, eine Gärtnerei betrieb (Abb. 3). Lage und Aussicht ist das Schönste, was Dir bisher wohl noch vorgekommen, bekennt Storm seiner noch in der Heimat zurückgebliebenen Frau am 21. August 1856. Aber bereits der erste Winter offenbarte die Mängel des Hauses, es war zugig und man hatte enorme Heizkosten. Also zogen die Storms – Theodor, seine Frau Constanze, die Söhne Hans, Ernst und Karl sowie die älteste Tochter Lisbeth (1860 und 1863 wurden in Heiligenstadt noch die Töchter Lucie und Elsabe geboren) – Pfingsten 1857 in die Hauptstraße Heiligenstadts um. In der Wilhelmstraße 73 (Abb. 4), ein Reihenhaus, hatten sie zwei Etagen gemietet (heute erinnert eine Gedenktafel an den Aufenthalt). Es war dort für die vielköpfige Familie, zu der noch eine Köchin und ein Dienstmädchen kamen, sehr eng – und man vermisste einen kleinen Bürgergarten am Haus, wie man ihn in Husum besaß, der gerade im heißen Sommer für Erholung hätte sorgen können. Allerdings lag der Wohnung das damalige Gefängnis unmittelbar gegenüber (Abb. 5), aus dessen Tor Storm schon beim Morgen-Tee die Gefangenen heraustreten sah, die dann wenig später vor seinem Richtertisch zu erscheinen hatten.
Abb. 1: Eckard Jüngel, 2006; Abb. 2: Eckard Jüngel, 2006; Abb. 3: Heinz Scholle, 2008; Abb. 4: unbekannter Photograph; Abb. 5: Heinz Scholle, 2008
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