Personen
Ort
Geburtshaus von Kaspar Stieler
Thema
Schriftsteller der Frühen Neuzeit
Detlef Ignasiak
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projektes der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Schräg gegenüber dieses schönen Barockbaus steht das bescheidene Geburtshaus, das mehrmals umgebaut wurde und über wenig Originalsubstanz verfügt. Bis vor einigen Jahren war es als Restauration »Angermeier« fernsehbekannt und dadurch ein wenig literaturverwandt. Nun dient es dem schnöden Konsum. Deshalb rezitiere ich einige Gedichte aus Stielers einziger Lyriksammlung, die »Geharnischte Venus«, die 1660 in Hamburg erschienen war, wo auch andere Gedichtbücher von thüringischen Barockautoren – Ernst Christoph Homburgs »Scherz- und Ernsthafte Clio«, Johann Christoph Görings »Liebes-Maien-Blümelein« und Georg Neumarks »Poetischer Lustgarten« – gedruckt wurden, was für den hohen Rang des Lesepublikums in der Hansestadt spricht. Erfurt stand da eher im Schatten. In Hamburg erschienen auch die meisten deutschen Zeitungen in der Barockzeit. Da Stielers Schwiegervater sie als Posthalter »importierte«, kam Stieler früh mit diesem neuen Medium in Berührung. Am Rudolstädter Hof hat er Zeitungskollegien abgehalten. Dort entstanden seine Vorarbeiten für sein kulturgeschichtlich bedeutendstes Buch; »Von der Zeitungs Lust und Nutz« (1695). Stieler schrieb es in Erfurt am Ende seines Lebens, nachdem er 1690 wieder in seine Geburtsstadt zurückgekehrt war und bei seinem Sohn in der Schlösserstraße wohnte. Etwa die Nummer 28, aber das ist ein vollkommener Nachfolgebau. In dem Zeitungsbuch wird erstmals das neue, im 17. Jh. entstandene Medium gewürdigt und empfohlen. Erst im 19. Jh. wird es in England und Deutschland ähnliches geben. In seinem letzten Quartier schieb er auch sein großes Buch über die deutsche Sprache (»Von der deutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs«, 1691), auf das noch Jakob und Wilhelm Grimm zurückgriffen, als sie am »Deutschen Wörterbuch« arbeiteten. Stieler ist das Bindeglied zwischen Luther und Grimm.
Kaspar Stieler entstammt übrigens einer Erfurter Apothekerfamilie und war deshalb fürs Medizinstudium vorgesehen. In Erfurt und Gießen versuchte er sich darin, scheiterte aber wegen eines Duells. So kam er nach Königsberg, wo er an der »Venus« arbeitete, und nach Hamburg. Andere Familienmitglieder ergriffen den Apothekerberuf und rückten in die Nähe des entstehenden und im 18. Jh. zur Bedeutung gekommenen Pharmazeutengewerbes.
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