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Thüringen im Nationalsozialismus
Daniel Börner
Börner, Daniel: „Wenn Ihr überhaupt nur ahntet, was ich für einen Lebenshunger habe!“ – Hans Fallada in Thüringen, Ausstellungskatalog, Jena 2010 / Thüringer Literaturrat e.V.
Falladas Biografinnen und Biografen haben seine Thüringer Spuren mühsam rekonstruiert. Jener Autor, der über sich selbst sagte, dass alles in seinem Leben zu einem Buch werde, hatte nie über die traumatischen Jahre in Thüringen geschrieben. Seine Jugenderinnerungen »Damals bei uns daheim« bleiben anekdotisch und zaghaft. Aus einem geplanten Werk über die Schul- und Lehrjahre werden nur wenige Seiten.
Wären die Pistolenkugeln auf dem Uhufelsen mit nur wenigen Zentimetern Differenz in Rudolf Ditzens Körper eingeschlagen, wir hätten nie vom Autor Fallada erfahren. Es gäbe keine Romane, keine literarischen Exkursionen, keine Spurensuche. Es bliebe nur ein spektakulärer Fall in der seinerzeit vermuteten Welle an Schülerselbstmorden.
Das Faszinosum dieser Jugendbiografie ist und bleibt aufreibend und anziehend, zugleich tragisch und bedrückend – so wie nur ein Roman sein kann. Ein Buch allerdings, dass Fallada selbst nie geschrieben hat, wohl nie hätte schreiben können. Sämtliche seiner Schriften und Einlassungen sparen die Jahre in Thüringen (bewusst) aus.
Was wäre aus dem getöteten Hanns Dietrich von Necker geworden, der ebenfalls literarisch interessiert und ambitioniert gewesen war? Aus der Schilderung im Jenaer Lebenslauf kennen wir nur die Version des späteren Schriftstellers, der sich nur aufgrund der Rudolstädter Tragödie ein Pseudonym zulegte. Zutaten aus der Grimmschen Märchenwelt halfen ihm: Hans aus »Hans im Glück« und Falada, das Wahrheit sprechende Pferd aus »Die Gänsemagd«.
Für seinen autobiografisch geprägten Debütroman »Der junge Goedeschal« (1920) drängte ihn die Familie zur Wahl einer neuen Identität. Der Name der Duellanten Ditzen war 1911 deutschlandweit bekannt geworden, ein zu großes Risiko für die Angehörigen, die auf die literarischen Ambitionen von Rudolf anfangs wenig gaben.
Wenn auch nur marginale Spuren im literarischen Werk Falladas auf Thüringen hindeuten, der Kern seiner literarischen Existenz liegt hier verborgen. Der im Dezember 2013 verstorbene Fallada-Sohn Uli Ditzen bekennt nach langen Forschungen zu seinem Vater:
»Das Duell am Uhufelsen ist der Punkt im Leben meines Vaters, auf den sich alles bezieht.«
Abb. 1: Plakat, Romantikerhaus Jena / Abb. 2, 3: Fotos: Daniel Börner / Abb. 1-3: Archiv Daniel Börner.
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