Hans Fallada in Thüringen – eine literarische Exkursion von Berka bis Posterstein
4 : Psychiatrie in Jena

Person

Hans Fallada

Ort

Jena

Thema

Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution

Autor

Daniel Börner

Börner, Daniel: „Wenn Ihr überhaupt nur ahntet, was ich für einen Lebenshunger habe!“ – Hans Fallada in Thüringen, Ausstellungskatalog, Jena 2010 / Thüringer Literaturrat e.V.

Wie­der trans­port­fä­hig, wird Dit­zen Mitte Novem­ber 1911 nach Jena ver­bracht, um dort von dem bekann­ten Schwei­zer Ner­ven­arzt Otto Bins­wan­ger unter­sucht zu wer­den. Die­ser wird ein Gut­ach­ten aus­fer­ti­gen und darin die Schuld­un­fä­hig­keit des Pati­en­ten nahe­le­gen. Das Gerichts­ver­fah­ren in Rudol­stadt wird im Januar 1912 ein­ge­stellt. Viele Fra­gen blie­ben damals offen.

Erst im Jahr 2010 kam ein Lebens­lauf ans Licht der Öffent­lich­keit, der teils als lite­ra­ri­sche Quelle, teils als doku­men­ta­ri­scher Bericht eines noch jun­gen Lebens gel­ten darf. Eine dazu­ge­hö­rige Aus­stel­lung im Lite­ra­tur­mu­seum Roman­tik­er­haus ver­suchte die Ereig­nisse Ende 1911 zu rekon­stru­ie­ren. Unter Haft­be­fehl gestellt, wurde der 18-Jäh­rige in Jena behan­delt, in einem zel­len­ar­ti­gen Zim­mer bewacht durch einen Pfle­ger. Im Gewahr­sam der psych­ia­tri­schen Kli­nik ver­fasste Dit­zen einen aus­führ­li­chen Lebens­lauf. Hier schreibt der geschei­terte Gym­na­si­ast über frühe Kind­heits­er­in­ne­run­gen, Erleb­nisse der Schul­zeit und schließ­lich über seine Freund­schaft zu Hanns Diet­rich von Necker, den er am 17. Okto­ber 1911 auf dem Uhu­fel­sen nahe Rudol­stadt erschoß.

Der Lebens­lauf gibt Ein­bli­cke in eine Jugend nach 1900: Zwänge und Nöte des Erwach­sen­wer­dens, Kon­flikte mit dem Eltern­haus, Lei­den an rigi­der Sexu­al­mo­ral, schu­li­sche Pro­bleme, Kult­bü­cher des Fin de siè­cle, schwere Krank­hei­ten und tra­gi­sche Freund­schaf­ten, Wan­der­vo­gel- und Tanz­stun­den­epi­so­den, lite­ra­ri­sche Vor­lie­ben und lei­den­schaft­li­che Lek­tü­ren, quä­lende Sui­zid­ge­dan­ken, wahn­hafte End­zeit­stim­mung und den­noch immer neuer Lebenshunger.

Dit­zens Lei­dens­ge­schichte war zugleich geprägt vom Wunsch zur eige­nen Schrift­stel­ler­exis­tenz, jedoch belas­tet von wie­der­keh­ren­den Selbst­mord­fan­ta­sien. Sei­nen aus­führ­li­chen Lebens­lauf been­det er mit einem Roman­zi­tat des heute völ­lig ver­ges­se­nen Georg Her­mann: »Alles kam so, wie es kom­men mußte.«

Die Gebäude der psych­ia­tri­schen Kli­nik lie­gen unver­än­dert im Phi­lo­so­phen­weg, etwas ober­halb des Jenaer Stadt­zen­trums, hin­ter dem his­to­ri­schen Johannisfriedhof.

 

 Hans Fallada in Thüringen – eine literarische Exkursion von Berka bis Posterstein:

  1. Bad Berka
  2. Schnepfenthal
  3. Tatort Rudolstadt
  4. Psychiatrie in Jena
  5. Sanatorium in Tannenfeld
  6. Lehre in Posterstein
  7. Mit dem Ford nach Eisenberg
  8. 1944 kriegsbedingt in Eisfeld
  9. Epilog
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