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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Daniel Börner
Börner, Daniel: „Wenn Ihr überhaupt nur ahntet, was ich für einen Lebenshunger habe!“ – Hans Fallada in Thüringen, Ausstellungskatalog, Jena 2010 / Thüringer Literaturrat e.V.
Nach dem achtwöchigen Sanatoriumsaufenthalt wird Rudolf Ditzen von seinen Eltern nochmals zu Verwandten auf das Land geschickt. Vor allem, um sich von seinen selbstzerstörerischen Gedanken in der wenig aufgeregten Provinz zu kurieren. Die Atmosphäre des Thüringer Waldes sollte eine Besserung der gesamten Konstitution erreichen, danach auch endlich der Schulabschluss gelingen. Die ratlosen Eltern hofften dabei stets auf Heilung der rätselhaften Zwangsvorstellungen, Wahnideen und Suizidgedanken ihres Sohnes.
Im einsam gelegenen Forsthaus am Rande von Schnepfenthal war ausreichend Zeit für Lektüre und Briefe an seinem Freund Hanns Dietrich von Necker in Rudolstadt. Ausgedehnte Spaziergänge führten ihn in die umgebende Natur oder nach Friedrichroda. In Schnepfenthal sind sich die bisherigen Brieffreude Ditzen und von Necker zum ersten Mal persönlich begegnet. Aus dem kurzen Besuch erwuchs der feste Plan, bald in Rudolstadt gemeinsam mehr Zeit zu verbringen.
Durch Krankheiten und Unfälle hatte Ditzen schon ein komplettes Schuljahr versäumt, das Leipziger Königin-Carola-Gymnasium (Gebäude 1945 während eines Luftangriffes zerstört) musste er aufgrund einer heiklen Briefaffäre mit einer jungen Dame verlassen. Sein Vater Wilhelm Ditzen, ein angesehener Richter am Reichsgerichtsrat, fürchtete um den Ruf der Familie und seine eigene Stellung.
Dich für seine Eltern und die Lehrer las er ohnehin die »falschen« Bücher. Sie erklärten seine Zweifel am Leben und die Faszination für das selbstbestimmte Sterben durch Lektüreerlebnisse von Hofmannsthal, Nietzsche oder Oscar Wilde. Dessen »Dorian Gray« war um 1900 ein Kultbuch der Jugend, Ditzens Spitzname lautete bald »Harry«, der Hauptfigur jenes Romans entlehnt.
Abb. 1: Ansichtskarte, um 1910, Archiv Daniel Börner.
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