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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Annette Seemann
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Gabriele Reuter wurde als ältestes Kind von fünf und einzige Tochter des Import- Exportkaufmanns Carl Reuter in Alexandria geboren. In Wohlstand, umsorgt durch Dienstboten, in orientalischer Atmosphäre wuchs sie auf. Regelmäßige Europa- und Deutschlandaufenthalte – besonders häufig ist man in Dessau – begleiteten sie. Die Bildung kam ein wenig zu kurz, lediglich eine Gouvernante war dem Mädchen während einiger Jahre an die Seite gestellt. So war das damals üblich.
Der Einschnitt, sie war dreizehn, war scharf: Der Vater verstarb unvermittelt. Es stellte sich heraus, dass das erarbeitete Kapital wahrscheinlich durch einen Familienangehörigen der Mutter veruntreut worden war.
Die sechsköpfige Familie, deren Oberhaupt jetzt die eher unpraktische Mutter war, musste sich in den Schoß der mütterlichen Familie nach Neuhaldensleben in der Magdeburger Börde retten, und Gabriele wurde aufgefordert, mit »kleinen Geschichten für die Jugend« in Zukunft zum Familieneinkommen beizutragen.
Was sie lange Zeit tat, nicht ohne zuvor einen stillen Schwur getan zu haben: Dass die Gebrauchsschriftstellerei keineswegs ihr Endziel wäre: Ganz andere Dinge würde ich schreiben. … von diesem Abend an wusste ich, dass ich eine Schriftstellerin werden musste.
Sie wurde eine »wahre« Schriftstellerin im Wortsinn, denn ihren Stil fasst man am besten mit dem Begriff des »subjektiven Realismus«.
Reuter verfasste im wesentlichen Romane, darunter sogar mindestens vier Bestseller zwischen 1895 und 1922. Sie wurde berühmt, sie war eine öffentliche Person, auf Vorträge eingeladen, gefragt, von der Frauenbewegung vereinnahmt, obwohl sie sich ihr nicht zurechnete – und dennoch ist sie heute weitgehend vergessen.
Ihr Hauptwerk ist zweifellos Aus guter Familie – heute wieder greifbar – und auch ihre Autobiographie Vom Kinde zum Menschen, das sie 1922 schrieb, kann man wieder lesen. Viele weitere ihrer Werke sind als e‑books greifbar.
Nach den Stationen in Ägypten ihres frühen Lebens, von denen wir keine guten Zeugnisse besitzen, kommt vor allem hinsichtlich Weimars, das neben München und vor allem Berlin einen Hauptstandort ihres Lebens bildete und – die Quelle für zahlreiche ihrer Romane, die die Weimarer Zeitgenossen teils auch wegen ihres sehr deutlichen Realismus› im Sinne des Schlüsselromans irritierten – eine sehr gut dokumentierte Zeit. Der Reihe nach jedoch. Beginnen wir mit der sicherlich traurigsten Wohnsituation Gabriele Reuters in der Magdeburger Börde:
Abb. 1: unbekannter Künstler, Aufnahme, um 1896 / Abb. 2: S. Fischer, Berlin 1921.
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