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Literarisches Thüringen um 1800
Jens-Fietje Dwars, Ulrich Kaufmann
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Der aus Franken stammende Erzähler Jean Paul Friedrich Richter (1763–1825) weilte zweimal in Weimar: 1796 und von 1798–1800. Er kam (wie Lenz) aus einer armen Pastorenfamilie, studierte (wie dieser ) Theologie und musste wie der Autor des »Hofmeister« des öfteren als ein solcher arbeiten. Bei seinem ersten Besuch logierte auch er im »Erbprinzen«, beim zweiten Mal mietete er sich ein Logis an der Westseite des Marktes, Ende Windischengasse. Hier war er »stubenglücklich« und nannte seine Wirtin außer Herder, den er gleich am ersten Tag auf der Straße traf, »das größte Labsal«.
Eingeladen hatte ihn die unglücklich verheiratete Charlotte von Kalb, die ihm die Wege in Weimar (vor allem am Hof) ebnete. Als Jean Paul 1798 nach Weimar kam, war er bereits ein bekannter und namentlich bei Frauen geliebter Autor. (Königin Luise wird ihn später empfangen.) Vor Einladungen und Anträgen konnte sich der Autor kaum retten. Er war Mitte Dreißig und auf Brautschau, auf der »Treppe zum Ehebette«. Intime Kontakte waren für ihn nur in einer Ehe denkbar. Erst um 1800, in seiner Berliner Zeit, lernte er mit Karoline Mayer seine künftige Ehefrau kennen.
Während Jean Paul fast täglich in der Familie Herder zu Besuch war und auch enge Beziehungen zu Wieland unterhielt, war sein Verhältnis zu Goethe, in dessen »Palast« er einige Male speiste, und zu Schiller, den er eigens in Jena besuchte, distanziert. Schiller bot zwar dem Neuankömmling die Mitarbeit an den »Horen« an, aber er blieb für ihn der »Chinese in Rom«. Goethe und Schiller nannten den humoristischen, die Abschweifung liebenden Erzähler oft »Hesperus« – nach dem Titelhelden seines Romans von 1794. In der Weimarer Zeit arbeitete der Schriftsteller an den »Palingenien« sowie an dem Roman »Titan«. »Ich habe in Weimar zwanzig Jahre in wenigen Tagen verlebt – meine Menschenkenntnis ist wie ein Pilz Mannshoch in die Höhe geschossen.« Bilanzierte Jean Paul, doch die Klassikerstadt hielt ihn nicht länger.
Die in ihren letzten Lebensjahren in Weimar lebende Dichterin Gisela Kraft (1936–2010) hat es in einem dreieinhalbjährigen »Kraft-Akt« erreicht, dass auf dem Weimarer Markt 2001 eine Platte in den Fußboden eingelassen wurde, die an den Wohnort Jean Pauls erinnert. In ihrem Roman »Madonnensuite« erfindet Kraft ein Dichtergespräch zwischen Tieck, Novalis und Jean Paul, das im November 1799 in Weimar angesiedelt ist.
Noch heute gelobt wird Günter de Bruyns Buch »Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter« aus dem Jahre 1975.
Abb. 1: Holzstich, unbekannter Künstler, undatiert / Abb. 2: Foto: Jens Kirsten.
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