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Georg I. von Sachsen-Meiningen
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Detlef Ignasiak
Das literarische Thüringen, Bucha 2018.
»Herzog Georg … legte diesen Badeort in seiner jetzigen reizenden Gestalt an und erschuf aus ihm und dem nahegelegenen herzoglichen Sommerschlosse Altenstein eine neue paradiesische Gegend, die auch schon an eigenem Naturreichtum alle deutschen Bäder übertrifft.« (Johann Ernst Wagner, 1805)
Schon 1601 drang die »Kunde von der sonderbaren Wirkung des Brunnens« in Liebenstein zu Herzog Johann Casimir. In dessen Auftrag verfasste Andreas Libavius 1610 eine der ersten Brunnenschriften in deutscher Sprache, den »Tractatus Medicus und Historia des fürtrefflichen kasimirarischen sawerbrunnens unter Liebenstein«.
Der Kurort Bad Liebenstein entstand 1801 als Modebad auf Weisung Georgs I. von Sachsen-Meiningen aus den Dörfern Grumbach und Sauerborn und wurde nach der oberhalb liegenden Burgruine benannt. Ludwig Bechstein schrieb über Bad Liebenstein: »Freundlich liegt Liebenstein am Fuß seines bewaldeten Ruinenberges.« Im in dieser Zeit entstandenen Kurtheater in der Herzog-Georg-Straße gab der junge Schauspieler Josef Kainz (1858–1910), der zum bedeutendsten Theaterschauspieler seiner Zeit aufsteigen sollte, sein Bühnendebüt.
Der Hintergrund in Johann Ernst Wagners Briefroman »Reisen aus der Fremde in die Heimath« (1805) ist der Liebensteiner Kurbetrieb: »Es gibt eigentlich in der Regel nichts Langweiligeres als die gewöhnlichen Brunngäste … gähnend verlassen sie das weiche Bett der Faulheit, um sich wieder auf die harte Bank der Langeweile zu setzen. Keiner mag den Nächsten erheitern; jeder will nur erheitert sein, und obendrein nur gelind, kostenfrei und, wo möglich, nicht zu Fuß.«
In Jean Pauls Roman »Dr. Katzenbergers Badereise« (1808), neben dem »Wutz« heute sein bekanntestes Werk, spiegelt sich ebenfalls der frühe Kurbetrieb von Jean Paul spöttisch »Bad Maulbronn« genannt. Dorthin reist der Titelheld mit seiner Tochter Theoda, um einen bösartigen Rezensenten seiner Bücher zu züchtigen. Mit beiden unterwegs ist inkognito der Dichter Theudobach, der sich in die Tochter verliebt, doch abgewiesen wird. In diesen ist August von Kotzebue zu erkennen, der tatsächlich in Liebenstein gekurt hat. »Was den Roman über die Trivialität seiner Fabel erhebt, sind die Charaktere seiner beiden Widersacher: des Arztes und des Dichters«, schreibt Günter de Bruyn in seiner Jean-Paul-Biografie 1975)
Das erste Reisebuch über Liebenstein verfasste Friedrich Mosengeil 1815 mit »Das Bad Liebenstein und seine Umgebungen«. Ihm folgte Ludwig Bechstein mit »Liebenstein und Altenstein. Ein Fremdenführer« im Jahr 1842. Bechstein hielt sich fast jeden Sommer als Begleiter des Meininger Hofstaates in Liebenstein auf. »… dem mit Sinn für ihre reinen Freuden begabten Gesunden erfüllen diese Gefilde mit Entzücken, dem Kranken fächeln sie im balsamisch-kräftigenden Wehen der Waldluft, Hoffnung, Stärkung und Genesung zu.«
Unter den ersten Gästen des Modebades waren Charlotte von Stein 1801, J. E. Wagner 1805 und 1808, Johanna Schopenhauer 1806 und Jean Paul 1807. Späterer Förderer das Bades war Georg II., der sich die Villa »Feodora«, 1860–62 entstanden und benannt nach seiner 2. Gemahlin, heute Restaurant oberhalb des Kurhauses, als Sommersitz erbauen ließ. Am 18. 3. 1873 heiratete er hier die Schauspielerin Ellen Franz. Der Pfarrer kam aus dem nahen Schweina. Noch immer beeindrucken in der Villa die nach Entwürfen von Ludwig Richter (1803–84) geschaffenen Wandgemälde. Der Herzog bewohnte das Haus bis 1888; danach stand ihm das unweit gelegene Schloss Altenstein uneingeschränkt zur Verfügung. Im Sommer 1876 traf sich der Herzog in der Villa »Feodora« erstmals mit Henrik Ibsen, als dieser in Gast in Meiningen war.
Unter der Ägide Herzog Georgs erholten sich in Liebenstein August Varnhagen von Ense, Fritz Reuter, Gerhart Hauptmann, Ernst Haeckel, Henrik Ibsen und Harry Graf Kessler .
In der Besatzungs- und frühen DDR-Zeit kam jeden Sommer der kommunistische Liederdichter (»Brüder, seht die rote Fahne«, 1924) und Publizist Edwin Hoernle (1883–1952) von Berlin/Ost nach Liebenstein. Am 21. 7. 52 starb er hier. Unauffällig lebte von Kriegsende bis zu seinem Tod Heinrich Kurschat (1912–2007) in Liebenstein. Kaum einer wusste, dass der blinde Masseur ein enger Verwandter der bedeutenden litauischen Schriftstellerin Iewa Simonaityte (1897–1978) war, Zeugnisse aus deren Leben sammelte und diese dem Simonaityte-Museum in Prökuls/Priekulé zur Verfügung stellte, wo heute auch ein Teil seines eigenen Nachlasses ausgestellt ist.
Von Bad Liebenstein aus führt der Weg über Steinbach unterhalb des Mühlbergskopfes in den Luthergrund, wo am 4. 5. 1521, auf der Rückreise vom Wormser Reichstag, Martin Luther gefangen genommen und über Umwege auf die Wartburg verbracht wurde. Georg Spalatin hatte den hoch gefährdeten Luther schon in Worms über das Vorhaben Friedrichs des Weisen informiert. Am 28. April 1521 schrieb Luther an Lucas Cranach: »Ich lass mich eintun und verbergen, weiß selbst noch nicht wo … Es muss eine Zeit geschwiegen und gelitten sein. Ein wenig, so seht ihr mich nicht, sprach Christus.« An der Stelle, wo Luther Ritterkleider angelegt wurden, steht ein 1857 errichteter sieben Meter hoher Luther-Gedenkstein. Eine Inschrift verweist am benachbarten »Lutherborn« auf das Ereignis. In der Nähe von Steinbach bis hin zum Inselsberg gruben im 16. Jahrhundert Italiener, genannt Venediger, nach Erzen. Ihre Tätigkeit gab reichlich Anlass für das Erzählen von unheimlichen Geschichten, so über den Goldborn von Beirode oder die Schätze am Eselskopf. Ludwig Wucke aus Bad Salzungen hat diese Venediger-Sagen aufgeschrieben.
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