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Literarisches Thüringen um 1800
Ulrich Kaufmann
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Auf dem Epitaph, den man im unteren Teil des »Frommannschen Familienbegräbnisses« in Jena findet, steht zu lesen:
Der Verlagsbuchhändler
Carl Friedrich Ernst Frommann
und seine Frau Johanna versammelten
in ihrem Hause am Fürstengraben
die Besten ihrer Zeit,
Goethe war ein treuer Freund
ihres gastlichen Hauses.
Mit den Signalwörtern »Verlagsbuchhändler«, Versammlungsort der »Besten ihrer Zeit« und »Goethe als treuer Freund« werden die Lebensleistungen von Carl Friedrich Ernst und Charlotte Frommann knapp und treffend charakterisiert.
Das Frommannsche Haus war ein Ort bürgerlicher Geselligkeit, eine Art »Semi-Öffentlichkeit«. »Unterbürgerliche Schichten« (Kleinbürger) und höhere Adlige gehörten dem Kreise nicht an. Hier herrschte nicht immer Harmonie oder bürgerliche Idylle, hier wurde gestritten, etwa mit den jungen Romantikern, den beiden Schlegels und ihren Frauen. Bei den »Thee-Abenden« in der »Blauen Stube« ging es bescheiden zu, oft war man mit Zwieback oder Butterbrot zufrieden.
Es gab auch Kränzchen, Privataufführungen, Lesungen oder gemeinsame Musikabende. Frank Wogawa weist darauf hin, dass es auch »geschlechtsseparierende Praktiken« wie »Damenvisiten« oder der »Kartentisch« des Hausherren stattfanden. In der Regel nahmen die Frauen an allen Ereignissen teil.
Die Liste der Gäste liest sich wie das »Who is who der ersten Reihe deutscher Geistesgeschichte« (Wogawa), auch wenn viele um 1800 erst am Beginn ihrer wissenschaftlichen oder künstlerischen Laufbahn standen. Es sprengt den Rahmen dieser Skizze, wollte man alle bekannten Gäste hier nur auflisten.
Aber eine Auswahl sei gestattet: Im Frommannschen Hause weilten: Die Naturforscher Oken, Ritter, Steffens, Loder und Alexander von Humboldt waren da, auch der Jurist Hufeland. Herausragende Historiker, Sprachwissenschaftler und Philosophen waren zu Besuch: Fichte, Schelling, Fernow, Luden u.a. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der in Jena seine »Phänomenologie des Geistes« im Manuskript abschloss, war ein Anhänger Napoleons. Aus der Ferne konnte er den »Weltgeist zu Pferde« 1806 in Jena sehen, musste aber vor den marodierenden französischen Truppen fliehen. Frommann hat ihn geschützt und beherbergt.
Auch unter den Dichtern seien einige der »Sterne erster Größe« genannt: Goethe, Schiller, Herder, Wieland, Knebel sowie der Kreis der Jenaer Frühromantiker.
Eingeladen waren auch Geistliche, politisch aktive Menschen, Gymnasiallehrer, Geschäftsfreunde wie der Weimarer Friedrich Justin Bertuch, aber auch Studenten und Burschenschaftler. Natürlich waren nicht alle der Genannten Stammgäste wie Goethe, Loder oder die Hufelands.
Erinnerungsorte für die Frommans sind, wie erwähnt, das Anwesen am Fürstengraben und das imposante Erbbegräbnis auf dem Johannesfriedhof, jedoch auch die zweite Wohn – und Arbeitsstätte am Jenaer Am Markt 19. Zwei Tafeln erinnern daran, dass Vater und Sohn mit ihren Familien von1830-1837 bzw. von 1830–1886 hier ansässig waren.
Auch der Sohn Friedrich Johannes Frommann verdient gewürdigt zu werden.
In Berlin und Jena hat er studiert, schloss sich den Burschenschaften an und war 1817 Teilnehmer des Wartburgfestes. Nach seiner Buchhändlertätigkeit in Hamburg wurde er 1824 Teilhaber des Jenaer Verlages. Ein Jahr später gehörte er zu den Begründern des »Börsenvereins der Deutschen Buchhändler«, über den er 1875 einen historischen Abriss veröffentlichte.
Zu seinen bleibenden Verdiensten gehört es, dass er das Urheberrecht für Autoren mit durchsetzte. Vielfältige Auszeichnungen und Orden ließen 1875, zum 50. Dienstjubiläum, kurzzeitig vergessen, dass der Verlag des Jenaer Ehrenbürgers und Ehrendoktors wirtschaftlich in schwieriges Fahrwasser geraten war.
Wahrscheinlich hat man ihn 1886 nicht im Frommannschen Familiengrab beigesetzt.
Abb.1: Foto Jens Kirsten. Abb.2-4: Marie K. Gentzel.
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