Personen
Ort
Themen
Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Harry Stein
Thüringer Literaturrat e.V. / Erstdruck in: Weimarer Kulturjournal, Nr. 1/2001.
Samuel Lublinski wurde am 18. Februar 1868 in Johannisburg (Ostpreußen) geboren, wuchs in einem aufgeklärten, assimilierten jüdischen Elternhaus auf und verließ – ob seiner Leidenschaft zum Kritisieren und seines Gerechtigkeitssinns mit Lehrern und Mitschülern in perma nentem Konflikt — vor dem Abitur die Schule. Als Neunzehnjähriger trat er in das Antiquariat des wenige Jahre älteren Leo Olschki in Verona (später Venedig) ein, dem bedeutendsten Antiquar Italiens, der wie er aus einer jüdischen Familie in Johannisburg stammte. In den viereinhalb Jahren trieb er dort Studien zur Literatur, Geschichte und Philosophie und verfaßte erste literarische Texte. Mehr als alles andere beeinflußte wohl Nietzsches Denken seinen weiteren Weg. Er, der es sich zugute hielt, »in den entscheidenden Jugendjahren Friedrich Nietzsche erlebt« (Lublinski, Vorwort zu: Das werdende Dogma vom Leben Jesu, 1910) zu haben, zählte sich später zum Kreis der »mündig gewordene(n) Schüler« (Lublinski: Zehn Jahre nach Nietzsche, 1914). Auf Nietzsches Werk gründete sich seine Gewißheit, »daß eine neue Stunde geschlagen habe und daß ein neues Moralsystem, eine Kultursynthese größten Stils, zur Notwendigkeit geworden war« (ebenda). Undkonsequent errichtete er daran den idealen Maßstab seines politischen Engagements, seiner Kulturkritik und seiner Schriftstellerei – ein Anspruch, der viele Zeitgenossen und ihn selbst überfordernmußte. Auf der Suche nach dem neuen Moralsystem begann er, gestützt auf Nietzsches Religionskritik, mit historischen Studien über die Genese des christlichen Mythos, in dessen Schaffung er die Kulturleistung sah, die es zu wiederholen gelte. »Wie einen jener mißachteten predigenden Bettelmönche seh ich ihn vor mir auf dem Markt des Lebens«, schreibt Ernst Hardt, »immer wieder faßt er sein Bekenntnis beschwörend zusammen: ‚Schafft euch Kultur, und die Kunst wird euch von selbst zufallen! Lernt wieder an das Große im Menschen glauben!‘ (Weirnarische Zeitung, 1. 1. 1911)
Abb. 1, 2: Verlag Eugen Diederichs, Jena 1910.
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/samuel-lublinski-in-weimar-ein-beinahe-unheimlicher-gast/antiquar-in-verona/]