Personen
Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald
Ort
Thema
Literarisches Thüringen um 1800
Andreas Seifert
Thüringer Literaturrat e.V.
Am 7. Dezember 1782 hatte der Sachsen-Meiningische Bibliothecarius Reinwald in den späten Vormittagsstunden Besuch von einem Botengänger bekommen. Dieser überbrachte ihm ein Schreiben mit folgendem Inhalt:
Ein Fremder von Stuttgardt der vor einer halben Stunde eintraf, und Ihnen vielleicht schon bekannt ist, wünscht das Vergnügen zu haben Sie zu sprechen; weil er aber wegen Sicherheit seiner Person in kognito bleiben muß, so werden Sie so gütig seyn zu bestimmen, wo wir beide am ruhigsten beieinander sind. Ich höre, Sie haben die Kost aus dem Hirsch, ich bin also so frey Sie auf ein Mittagessen zu bitten.
Auch wenn der Verfasser nicht mit seinem Namen unterzeichnet hatte – bei der Einlasskontrolle am Unteren Tor hatte er sich als Dr. Friedrich Ritter ausgegeben – war Reinwald sofort im Bilde. Henriette von Wolzogen, Gutsherrin in Bauerbach und mütterliche Freundin Friedrich von Schillers, hatte ihn schriftlich von der zu erwartenden Ankunft des württembergischen Deserteurs informiert. Reinwald war zu jenem Zeitpunkt die einzige Person vor Ort, die um die Identität des »Dr. Ritter« wusste. Er veranlasste alles Nötige, und noch am selben Tag traf Schiller in seinem Asylort Bauerbach ein.
Noch zwei Mal sollte Friedrich von Schiller in späteren Jahren diese denkwürdige Stätte der Erstbegegnung wiedersehen. Im Spätherbst 1787 besuchte er das Ehepaar Reinwald, das damals in einem Haus an der Ostseite des Marktes wohnte. Das Gebäude wurde durch den Stadtbrand von 1874 zerstört. Ein letztes Mal weilte der Dichter im Mai 1794 in Meiningen. Neben der Stadtwohnung der Reinwalds lernte er auch deren Berggarten kennen, für dessen Bepflanzung Vater Schiller Obstbaumpflänzlinge von der Solitude bei Stuttgart schickte. Ein weiterer, für Mai 1803 geplanter, Besuch des schon schwer kranken Dichters kam nicht mehr zustande.
Die drei Tage, die wir zusammen lebten, sind mir eine recht angenehme Erinnerung, und da ich nun mit Eurem schönen Berge bekannt geworden bin, so macht es mir um so mehr Freude, Euch in Gedanken auf denselben zu begleiten. Schon habe ich den guten Eltern davon geschrieben, und den lieben Papa sehr neugierig darauf gemacht.
Da Dir aber der Herzog die Amalienruh zum Aufenthalt überlassen wird, welches eine vortrefflich schöne Gegend ist, so muß ich freilich zurückstehen.
Abb. 1-3: Meininger Museen, Fotos: Manfred Koch. Mit freundlicher Genehmigung der Meininger Museen.
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