1923 Madrid
2011 Paris
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Weimar – Weltstadt des Geistes und Musendorf
Jorge Semprún – »Die große Reise«
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Pascal Quicker
Thüringer Literaturrat e.V. / Gedenkstätte Buchenwald
Jorge Semprún Maura wurde am 10. Dezember 1923 in Madrid geboren. Dort wuchs er in einer großbürgerlich-linksliberalen Familie auf, bis 1936 der spanische Bürgerkrieg ausbrach und Semprúns Familie ins Exil zwang. Über ein Dorf bei Lourdes und die Niederlande führte ihr Weg, nach dem Sieg des faschistischen Franco-Regimes, Anfang 1939 nach Paris. Dort legte Semprún am Lycée Henri IV sein Abitur ab und begann an der Sorbonne ein Studium der Philosophie.
1941 wurde er Mitglied der kommunistischen Résistance-Organisation Francs-tireurs et partisans sowie ein Jahr später der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE). Bei der Untergrundarbeit gegen die deutsche Besatzungsmacht verhaftete die Gestapo ihn 1943 in Auxerre, woraufhin Semprún nach Verhören und Foltern im Januar 1944 in das KZ Buchenwald deportiert wurde (Häftlingsnummer 44.094). Dort beteiligte er sich bis zur Befreiung des Lagers im April 1945 am lagerinternen Widerstand. Da er bereits vor seiner Verhaftung im Exil gelebt hatte, wurde er nach dem Krieg vom faschistischen Franco-Regime nicht mehr als spanischer Staatsbürger anerkannt und dementsprechend als Staatenloser erfasst. Er kehrte nach Paris zurück und sollte die spanische Staatsbürgerschaft erst nach der Demokratisierung seines Geburtslandes wieder annehmen.
Nachdem er von 1945 bis 1952 als Übersetzer für die Unesco gearbeitet hatte, koordinierte Semprún von 1953 bis 1962 unter einem Decknamen den geheimen Widerstand des PCE gegen das Regime Francos. 1954 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der Partei und 1956 des Politbüros. In dieser Funktion leitete er von 1957 bis zu seinem Ausschluss aus der Exil-PCE aufgrund „parteischädigenden Verhaltens“ die PCE-Untergundarbeit in Franco-Spanien.
Seinen ersten autobiographischen Roman Die große Reise veröffentlichte Semprún 1963. In diesem, wie in seinem nahezu gesamten meist in französischer Sprache verfassten Werk, widmet sich der Schriftsteller dem Anschreiben gegen das Vergessen. Semprún verarbeitet die Erfahrungen von Deportation und Gefangenschaft zu einer humanen Anklage gegen diese auch ihm widerfahrenen Unmenschlichkeiten. Wie existentiell die Auseinandersetzung mit diesem Thema war, zeigen seine späteren Bücher Was für ein schöner Sonntag (1980, dt. 1981), Schreiben oder Leben (1994, dt. 1995) und Der Tote mit meinem Namen (2002, dt. 2003).
1988 kehrte Semprún schließlich nach Spanien zurück, wo er von der demokratischen Regierung Felipe Gonzaléz’ zum Kulturminister berufen wurde. Das Amt übte er als Parteiloser bis 1991 aus. 1994 wurde ihm der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen und noch im Jahre 2003 sprach der Autor anlässlich der Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Deutschen Bundestag. Am 7. Juni 2011 verstarb Jorge Semprún in Paris.
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