Wandersleben
[Gemeinde]

Lokation

Neue Straße
99869 Wandersleben

50.897883, 10.854017

Personen

Christian Friedrich Hunold (Menantes)

Johann Matthäus Meyfart

Kaspar von Stieler

Georg Neumark

Artikel

Menantes in Wandersleben

Christoph Dieckmann – »Mich wundert, daß ich fröhlich bin. Eine Deutschlandreise«

Weiterführende Informationen

Drei Gleichen, OT Wandersleben

Wandersleben

Autor

Detlef Ignasiak

Das literarische Thüringen, Bucha 2018.

Die Legende vom zwei­be­weib­ten Gra­fen geht auf Ernst III. von Glei­chen zurück, der um 1230 vom Kreuz­zug eine Saraze­nin, die ihm in der Gefan­gen­schaft das Leben geret­tet hatte, mit­ge­bracht und fortan auf sei­ner Burg in einer Menage à trois glück­lich gelebt habe. Lud­wig Bech­stein hat die Geschichte in sei­nen »Sagen­schatz und die Sagen­kreise des Thü­rin­ger­lan­des« (1835–1838) auf­ge­nom­men und popu­lär gemacht. Wegen ihrer ero­ti­schen Pikan­te­rie wurde die Geschichte auch schon vor­her gestal­tet. So von Johann Jakob Bod­mer im Gedicht (1771) und von Goe­the im (aller­dings in die Gegen­wart ver­leg­ten) Schau­spiel »Stella« (1776). Am bekann­tes­ten wurde die Erzäh­lung »Mel­ech­sala« (1785) von Johann Karl August Musäus. Weni­ger erfolg­reich war die Dra­men­fas­sung (1819) Achim von Arnims. Wenig spä­ter formte der Wie­ner Edu­ard von Bau­ern­feld (1802–1890) den Stoff zu einer roman­ti­schen Oper, zu der Franz Schu­bert eine Musik hin­ter­las­sen hat. In neue­rer Zeit haben Her­man Anders Krü­ger aus Neu­die­ten­dorf ein Schau­spiel (1906) und Agnes Mie­gel eine Bal­lade (1907) geschrie­ben. Ger­hart Haupt­mann über­trug den Stoff in der Erzäh­lung  »Der Schuß im Park« (1939) nach der »Reichs­kris­tall­nacht« in ein moder­nes Milieu und hin­ter­fragte damit die NS-Rassenpolitik.

1680 wurde in Wan­ders­le­ben Chris­tian Fried­rich Hunold gebo­ren, der sich als Dich­ter Men­an­tes nannte. Er war ein bedeu­ten­der Roman­cier der »galan­ten« Zeit; Lyri­ker, Text­dich­ter des ers­ten deut­schen Ora­to­ri­ums (»Der blu­tige und ster­bende Jesus«, Musik R. Kei­ser, 1704; Lite­ra­tur­theo­re­ti­ker und Über­set­zer. Er wurde als Sohn des Gräf­lich-Hatz­fel­di­schen Pacht­man­nes gebo­ren, der seit 1674 als Mül­ler das Wan­ders­le­be­ner Vor­werk bewirt­schaf­tete. Hunold besuchte die Schule in Arn­stadt und Wei­ßen­fels und stu­dierte dann in Jena. Ab 1700 lebte er als freier Autor in Ham­burg und stand in engem Kon­takt zur Gän­se­markt-Oper. 1706 zog er sich nach Wan­ders­le­ben zurück, nach­dem er Ham­burg wegen sei­nes »Saty­ri­schen Romans« flucht­ar­tig ver­las­sen musste. Die bür­ger­li­chen Hel­den von Hunolds Roma­nen ori­en­tie­ren sich ent­ge­gen den Vor­stel­lun­gen der Auf­klä­rer am angeb­li­chen Sit­ten­ver­fall der Höfe. Vor der Men­an­tes-Gedenk­stätte erin­nert seit 2003 eine Stele mit einem sei­ner Verse an den Dichter.

Die­ses Welt­meer zu ergründen,
Ist Gefahr und Eitelkeit,
In sich sel­ber muss man finden
Per­len der Zufriedenheit.

Eine Bio­gra­fie schrieb Jens-Fietje Dwars, »Leben und Werk des vor­mals berühm­ten Chris­tian Fried­rich Hunold alias Men­an­tes«, die eine Text-Aus­wahl von Cor­ne­lia Hobohm enthält.

1996 grün­dete sich im Umfeld der Kirch­ge­meinde Wan­ders­le­ben um Bernd Kra­mer und Cor­ne­lia Hobohm der »Men­an­tes-Lite­ra­tur­kreis«. 2005 wurde im Pfarr­hof in einem ehe­ma­li­gen Stall­ge­bäude die Men­an­tes-Lite­ra­tur­ge­denk­stätte eröff­net. Seit­dem ent­wi­ckelt sich das Pfarr­haus­areal zu einem leben­di­gen Kul­tur­ort, in dem jähr­lich meh­rere Ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den und Vor­träge gehal­ten wer­den. Im Gebäude der Gedenk­stätte wird seit 2008 eine Thü­rin­gen-Biblio­thek auf­ge­baut. 2012/13 wurde auf Initia­tive des »Palm­baum e.V.« der Barock­dich­ter­gar­ten mit den von der Münch­ner Bild­haue­r­ein Helga Vie­big-Kruck geschaf­fe­nen Büs­ten von Johann Mat­thäus Meyf­art, Georg Neu­mark, Kas­par Stie­ler und Men­an­tes ein­ge­weiht, im Jahr dar­auf von der Kirch­ge­meinde auch ein Buch-Pavil­lon mit his­to­ri­scher Dru­cker­presse errich­tet. Alle drei Jahre wird in Wan­ders­le­ben der Men­an­tes­preis für ero­ti­sche Dich­tung verliehen.

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