Lokation
Personen
Christian Friedrich Hunold (Menantes)
Artikel
Christoph Dieckmann – »Mich wundert, daß ich fröhlich bin. Eine Deutschlandreise«
Weiterführende Informationen
Drei Gleichen, OT Wandersleben
Detlef Ignasiak
Das literarische Thüringen, Bucha 2018.
Die Legende vom zweibeweibten Grafen geht auf Ernst III. von Gleichen zurück, der um 1230 vom Kreuzzug eine Sarazenin, die ihm in der Gefangenschaft das Leben gerettet hatte, mitgebracht und fortan auf seiner Burg in einer Menage à trois glücklich gelebt habe. Ludwig Bechstein hat die Geschichte in seinen »Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes« (1835–1838) aufgenommen und populär gemacht. Wegen ihrer erotischen Pikanterie wurde die Geschichte auch schon vorher gestaltet. So von Johann Jakob Bodmer im Gedicht (1771) und von Goethe im (allerdings in die Gegenwart verlegten) Schauspiel »Stella« (1776). Am bekanntesten wurde die Erzählung »Melechsala« (1785) von Johann Karl August Musäus. Weniger erfolgreich war die Dramenfassung (1819) Achim von Arnims. Wenig später formte der Wiener Eduard von Bauernfeld (1802–1890) den Stoff zu einer romantischen Oper, zu der Franz Schubert eine Musik hinterlassen hat. In neuerer Zeit haben Herman Anders Krüger aus Neudietendorf ein Schauspiel (1906) und Agnes Miegel eine Ballade (1907) geschrieben. Gerhart Hauptmann übertrug den Stoff in der Erzählung »Der Schuß im Park« (1939) nach der »Reichskristallnacht« in ein modernes Milieu und hinterfragte damit die NS-Rassenpolitik.
1680 wurde in Wandersleben Christian Friedrich Hunold geboren, der sich als Dichter Menantes nannte. Er war ein bedeutender Romancier der »galanten« Zeit; Lyriker, Textdichter des ersten deutschen Oratoriums (»Der blutige und sterbende Jesus«, Musik R. Keiser, 1704; Literaturtheoretiker und Übersetzer. Er wurde als Sohn des Gräflich-Hatzfeldischen Pachtmannes geboren, der seit 1674 als Müller das Wanderslebener Vorwerk bewirtschaftete. Hunold besuchte die Schule in Arnstadt und Weißenfels und studierte dann in Jena. Ab 1700 lebte er als freier Autor in Hamburg und stand in engem Kontakt zur Gänsemarkt-Oper. 1706 zog er sich nach Wandersleben zurück, nachdem er Hamburg wegen seines »Satyrischen Romans« fluchtartig verlassen musste. Die bürgerlichen Helden von Hunolds Romanen orientieren sich entgegen den Vorstellungen der Aufklärer am angeblichen Sittenverfall der Höfe. Vor der Menantes-Gedenkstätte erinnert seit 2003 eine Stele mit einem seiner Verse an den Dichter.
Dieses Weltmeer zu ergründen,
Ist Gefahr und Eitelkeit,
In sich selber muss man finden
Perlen der Zufriedenheit.
Eine Biografie schrieb Jens-Fietje Dwars, »Leben und Werk des vormals berühmten Christian Friedrich Hunold alias Menantes«, die eine Text-Auswahl von Cornelia Hobohm enthält.
1996 gründete sich im Umfeld der Kirchgemeinde Wandersleben um Bernd Kramer und Cornelia Hobohm der »Menantes-Literaturkreis«. 2005 wurde im Pfarrhof in einem ehemaligen Stallgebäude die Menantes-Literaturgedenkstätte eröffnet. Seitdem entwickelt sich das Pfarrhausareal zu einem lebendigen Kulturort, in dem jährlich mehrere Veranstaltungen stattfinden und Vorträge gehalten werden. Im Gebäude der Gedenkstätte wird seit 2008 eine Thüringen-Bibliothek aufgebaut. 2012/13 wurde auf Initiative des »Palmbaum e.V.« der Barockdichtergarten mit den von der Münchner Bildhauerein Helga Viebig-Kruck geschaffenen Büsten von Johann Matthäus Meyfart, Georg Neumark, Kaspar Stieler und Menantes eingeweiht, im Jahr darauf von der Kirchgemeinde auch ein Buch-Pavillon mit historischer Druckerpresse errichtet. Alle drei Jahre wird in Wandersleben der Menantespreis für erotische Dichtung verliehen.
Foto: Jens Kirsten
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