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Annerose Kirchner – »Nach-Sitzen bei Brendel’s«
Weiterführende Informationen
Sebastian Graf
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha, 2018.
Gera war von 1564 bis 1918 Residenz der Herren, Grafen und Fürsten von Reuß, jüngere Linie. Heinrich d. J. Posthumus erlaubte calvinistischen Glaubensflüchtlingen aus Flandern die Ansiedlung in Gera, die durch mitgebrachten neuen Techniken der Wollzeugfabrikation der Stadt auf lange Sicht eine wirtschaftliche Blüte sicherten. Daran erinnern prächtige Bürgerhäuser und repräsentative öffentliche Bauten wie die Salvatorkirche und das Waisenhaus (heute Museum).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Gera zu einem bedeutenden Industriestandort. An die Seite der Textilindustrie trat 1841 der Maschinenbau. Aus dem 1882 von den jüdischen Kaufleuten Oscar und Hermann Tietz gegründeten Textilgeschäft ging unter der Leitung von dem in Gera geborenen Georg Tietz, einem Sohn von Oscar Tietz, mit dem Kaufhaus »Hertie« einer der größten deutschen Kaufhauskonzerne hervor.
Während sich die von ihnen gegründeten Kaufhäuser zu Beginn noch im Besitz der Gründer befanden, wurde Hertie einige Jahre später unter den Nationalsozialisten arisiert und die Familie Tietz enteignet. Um an die wechselhafte Geschichte der Familie Tietz und deren Enteignung zu erinnern, haben Auszubildende von HERTIE in einem Projekt »digitale Stolpersteine« zum Gedenken an Hermann Tietz und Oscar Tietz erstellt.
Der damalige Reichtum der Stadt spiegelt sich bis heute in den zahlreichen seit der Gründerzeit erbauten Villen. Im Zweiten Weltkrieg erlebte Gera mehrere Bombardierungen. Das auf dem Hainberg stehende Residenzschloss Osterstein, eine im 12. Jahrhundert errichtete Burganlage, wurde am 6. April 1945 Opfer eines schweren Angriffes, durch den auch Teile der Geraer Altstadt zerstört wurden. Die Schlossruine wurde 1962 gesprengt.
1952 wurde Gera DDR-Bezirksstadt. Als »Arbeiterstadt« wurde sie bevorzugt ausgebaut und versorgt. Um die Heinrichstraße herum entstand ein neues Zentrum. Nach 1990 verlor Gera diesen Status. Durch den Niedergang ganzer Industriezweige sank die Einwohnerzahl beträchtlich, so dass die ehemals zweitgrößte Stadt Thüringens jetzt mit etwas weniger als 100.000 Einwohnern hinter Jena steht, dem »Konkurrenten« aus DDR-Bezirkszeiten. Dennoch gibt es um Markt und Einkaufsstraße Sorge herum eine Menge Altstadtflair.
Gera verfügt heute über eine Stadt- und Regionalbibliothek, ein Stadtmuseum, ein Museum für Angewandte Kunst (MAK), eine Kunstsammlung in der Orangerie sowie ein Museum für Naturkunde (im Schreiberschen Haus), deren Existenz jedoch von Sparmaßnahmen der Kommune ernsthaft bedroht ist.
Die Stadt an der Weißen Elster ist der Geburtsort des Malers Otto Dix (1891–1969), an den in dessen Geburtshaus in Gera-Untermhaus erinnert wird. Hier wurde Johann Spies (1540–1623) geboren, der als Drucker und Verleger später in Frankfurt am Main wirkte. 1587 gab er die »Historia von D. Johann Fausten« heraus, auf die alle Faust-Dichtungen von Christopher Marlowe bis Goethe zurückgehen. Nach Konkurs und verlorenen Prozessen übersiedelte Spies 1610 nach Gera, wo sein Sohn Martin Spies (1579–1611) seit 1606 die erste Geraer Druckerei führte. Aus Gera stammt der Reiseschriftsteller Johann Christian Schmidt (1692–1728). Die Unterhaltungsschriftsteller Gottlob Heinrich Heinse (1766–1813) und Ernst Bornschein (1774–1838) wirkten in Gera. Im 20. Jahrhundert arbeitete hier der Dramatiker Horst Salomon (1929–1972), zu dessen Ehren die Stadt Gera 1980 den Horst-Salomon-Preis stiftete.
Abb. 1: Ansichtskarte, um 1917 / Abb. 2: Ansichtskarte, um 1918 / Abb. 3: Ansichtskarte, um 1940
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