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Wulf Kirsten
Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Das Zitat am Ende des Textes stammt aus Wulf Kirstens Gedicht »woherwohin«, enthalten im Gedichtband »satzanfang«, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1970.
Vermutlich eine Prägung des Bundeskanzlers Olaf Scholz. Von ihm hörte ich sie zuerst. Treffsicher. Putin verschanzt sich hinter faustdicken Lügen. Innerhalb weniger Tage ließ er von seinen Panzern und Raketentruppen in ukrainischen Städten verheerende Zerstörungen anrichten. Obwohl die Ukraine den Russen langfristig militärisch nicht gewachsen ist, wird massiv Widerstand geleistet. So dass es nicht zu dem Vormarschtempo kommt, auf das Putin gesetzt hatte.
Mit einer völlig ahistorischen eurasischen Konzeption gedenkt er, das 42 Millionen zählende Volk der Ukrainer seinem Rußland im Handumdrehen einzuverleiben wie Georgien, Kasachstan und Tschetschenien. Der ukrainische Präsident Selenskyj wurde diffamiert, als Faschist verteufelt, um den Angriffskrieg zu rechtfertigen und weil er nicht klein beigibt, sondern zum Widerstand aufruft. Putin schwafelt, es ginge vorrangig um die »Entnazifizierung« und Entmilitarisierung der Ukraine. Mit derart stalinomanen Verbrechen möchte er sich am Ruder halten. Er müsste wissen, dass sich seit der Antike kein Staat, auch der seine nicht, auf hanebüchenen Lügen zu gründen vermocht hat.
Aber Putin schadet nicht nur der Ukraine. Er trifft sich selbst, schadet vor allem Rußland. Deutlicher denn je zeigt sich, wie rigide er die Freiheit des Wortes im eigenen Land mit allen Mitteln zu unterdrücken versucht. Seine gefährlichen Drohungen lassen erkennen, er schreckt, in die Enge getrieben, vor nichts mehr zurück. Sein Arsenal atomarer Waffen, mit dem er nun unverhohlen droht, ist nicht nur ein Relikt aus dem Kalten Krieg, sondern das Ergebnis kontinuierlicher Aufrüstung.
Vor Jahren schon hat der Westen versäumt, Russland als stabilen Sicherheitspartner zu gewinnen. Stattdessen setzte man auf Abgrenzung und nahm Putins manipulative Aufrüstung, Waffenlieferungen über den gesamten afrikanischen Kontinent, nicht zuletzt auch sein militärisches Eingreifen in Syrien und auf der Krim billigend in Kauf. Nun zwingt er Europa und Deutschland in eine entsetzliche Spirale der Aufrüstung und der militärischen Gewalt.
Ich vermag nicht abzusehen, wie viele ukrainische Zivilisten, zumeist Frauen mit Kindern, noch in die Flucht getrieben werden, wie viele Tote dieser Krieg auf ukrainischer, auf russischer Seite fordern wird. In Zeiten zunehmender sozialer Entfremdung, in denen wir immer weniger das persönliche Gespräch finden, in denen unsere Schrift- und Sprachkultur bedroht ist, ist das miteinander Sprechen ebenso nötig, wie das einander Zuhören. Toleranz hat mit einander ertragen zu tun. In diesem Sinne hoffe und wünsche ich, dass die Regierungen nicht ablassen, das diplomatische Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen.
ich bin unterwegs ins wolynische Brody / zu einer unterredung mit Babel und Roth, / ich gehe los, werd eine nacht durch wandern, / wie es Paustowski tat, / ich, meine freunde, wir gehn, wir reden / immer ein menschliches wort.
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