Liebster Freund!
Endlich bin ich hier, glüklich und vergnügt, daß ich einmal am Ufer bin. Ich traf alles noch über meine Wünsche; keine Bedürfnisse ängstigen mich mehr, kein Querstrich von außen soll meine dichterischen Träume, meine idealischen Täuschungen stören.
Das Haus meiner Wolzogen ist ein recht hübsches und artiges Gebäude, wo ich die Stadt gar nicht vermisse. Ich habe alle Bequemlichkeit, Kost, Bedienung, Wäsche, Feuerung und alle diese Sachen werden von den Leuten des Dorfes auf das Vollkommenste und Willigste besorgt. (Friedrich Schiller an seinen Fluchtgefährten Andreas Streicher. Bauerbach, 8. Dezember 1782)
Henriette von Wolzogen (1745 – 1788), verwitwete Gutsherrin in Bauerbach, kannte den jungen Schiller schon von Stuttgart her, wo sie ihren Hauptwohnsitz hatte. Ihr Sohn Wilhelm (1762 – 1809) war dessen Studienfreund an der Karlsschule gewesen. In Begleitung der Freifrau hatte der vormalige württembergische Regimentsarzt Friedrich Schiller heimlich der Uraufführung seiner »Räuber« in Mannheim beigewohnt. Als sich die Spannungen zwischen Schiller und Herzog Karl Eugen verschärften, bot die mütterliche Freundin dem bedrängten Dichter ihr Gutshaus als Asyl an.
Trotz der Abgelegenheit des Ortes war das Bauerbacher Intermezzo eine produktive Zeit für Schiller. Mit Hilfe Reinwalds gelangte er an zahlreiche Bücher aus dem Meininger Schloss, die ihm ein gründliches Studium der Geschichte ermöglichten – Voraussetzung für seine späteren Historiendramen ebenso wie für seine Professur in Jena. Aber auch als Theaterdichter war Schiller in Bauerbach nicht untätig: in der Sicherheit des reichsritterschaftlichen Fleckens arbeitete er am »Fiesco« und schrieb einen ersten Entwurf zu »Don Carlos« nieder.
In Bauerbach kam auch das bürgerliche Drama »Kabale und Liebe« zum Abschluss. Aktuelle Erfahrungen flossen in die Tragödie ein: Schillers hoffnungslose Liebe zu Charlotte von Wolzogen, der Tochter seiner Gönnerin und die Zwangsvermählung der Friederike Eleonore von Ostheim, einer Schwester der späteren Charlotte von Kalb. Mit der Gestalt der Gräfin von Ostheim setzte der Dichter Friederike Eleonore ein literarisches Denkmal.
Abb. 1, 2: Meininger Museen, Fotos: Manfred Koch. Mit freundlicher Genehmigung der Meininger Museen. / Abb. 3, 4: Privatarchiv Christoph von Wolzogen. Mit freundlicher Genehmigung von Christoph von Wolzogen.
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