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Thüringen im Nationalsozialismus
Patrick Siebert
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Von Dezember 1944 bis zum Jahre 1947 lebte der junge Christoph Meckel gemeinsam mit seiner Mutter, zwei kleinen Brüdern, den Großeltern und dem Dienstmädchen Lucie in Erfurt. Ende des Jahres 1944 war die Mutter mit ihm und den zwei kleinen Brüdern dorthin geflohen, fort aus der Heimat in Freiburg im Breisgau.
Besonders nach Kriegsende muss das Leben in Erfurt ein schreckliches gewesen sein, für unsere heutige junge Generation nicht vorstellbar; zu Beginn seiner Erzählung »Rote Zone. Erinnerungen an den Nachkrieg« schreibt Meckel: Die letzten Tage des Krieges und die ersten des Nachkrieges glichen einander grau in grau. […] Beißender Gestank von Qualm und Zunder, nassem Dachziegelgeröll, verfaulenden Tieren, aus verschütteten Kellern Schwaden von Übelgeruch […]
In den Erinnerungen Meckels markiert die Übergabe Erfurts von den Amerikanern (die Erfurt am 12. April eingenommen hatten) an die Russen (die Erfurt am 3. Juli übernahmen) eine deutliche Zäsur. Die Erinnerung an die Amerikaner ist bei Meckel eine überwiegend positive, er schreibt von »Militärs mit lässiger Gangart und freundlichen Köpfen«, vom »Ami«, der Kaugummi unter Kindern verteilte, aus Jeeps und Lastwagen vor die Füße warf, und Ritterkreuze gegen Fressalien tauschte.
Doch auch wenn diese erste Besatzung in Meckels Bericht durch die Amerikaner ein fröhlicheres Antlitz gewinnt, so gab es doch auch das Verbot, in die Wälder zu gehen, in denen neben Blindgängern, Waffen und scharfer Munition auch noch die Leichen von Soldaten lagen, neben »zivilen Leuten«, die häufig durch die Luftangriffe obdachlos geworden waren und sich in den Wald geflüchtet hatten. Der junge Christoph Meckel allerdings ließ sich von diesem Verbot nicht abhalten und lief durch den Wald, nahm mit, was herumlag – Brotbeutel, Stahlhelme, Brillen und Briefe – und warf sie weg, bevor ich die Wälder verließ.
Allerdings kannte auch die Besatzung durch die Amerikaner ihre Beschwernisse – auf Geheiß der Militärregierung war die Familie in den vierten Stock eines Hauses am Westrand Erfurts, wie Meckel vage notiert, ausquartiert worden – ohne Rücksicht auf das gebrochene Bein der Großmutter.
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