Christoph Meckel in Erfurt – Eine Kindheit in der unmittelbaren Nachkriegszeit
4 : Sankt-Martins-Fest am Domplatz

Person

Christoph Meckel

Ort

Erfurt

Themen

Thüringen im Nationalsozialismus

Von 1945 bis zum Ende der DDR

Autor

Patrick Siebert

Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.

Das ein­zige posi­tive Ereig­nis, das Ein­gang in Chris­toph Meckels Erin­ne­rungs­buch gefun­den hat, war ein abend­li­ches Fest am Dom­platz zum ers­ten Sankt-Mar­tins-Tag nach Kriegs­ende. Von wem die Initia­tive dazu aus­ging, schreibt Meckel nicht. Sei­nem Bericht ist nur zu ent­neh­men, dass ein jeder ein­ge­la­den war, teil­zu­neh­men: alle Erwach­se­nen und Kin­der der Stadt. Den Nach­mit­tag vor der Sankt-Mar­tins-Nacht ver­brach­ten der junge Meckel und seine Brü­der mit dem Bas­teln von Lam­pi­ons. Auf dem Weg zum Dom­platz am Abend lief die Fami­lie mit den Lam­pi­ons vor­bei an lee­ren Fens­ter­höh­len und zer­bomb­ten Gär­ten, und je mehr sie sich dem Ziel näher­ten, desto mehr Leute waren um sie herum. Meckel schreibt, er sei nie Teil gewe­sen einer Men­schen­menge, die nicht Zäh­ne­zei­gen, Faust und Getram­pel, son­dern Durch­ein­an­der ohne Feind­lich­keit war. Nach­dem sich die Menge von erwar­tungs­fro­hen Kin­dern (und wohl auch Erwach­se­nen) auf dem Dom­platz und, wie die Fami­lie Meckels, auf der Dom­treppe ver­sam­melt hat­ten, ent­zün­de­ten sich zunächst noch mehr Ker­zen, dann, als alle Stim­men ver­stummt waren, begann jemand zu spre­chen. Meckel schreibt, er habe damals nicht ver­stan­den, wer gere­det habe, und was. Er habe nur auf den Beginn des geheim­nis­vol­len Fes­tes gewar­tet. Und dann began­nen die Glo­cken des Doms zu läu­ten: „Stille, die erfasst und fest­hielt, was da war – viele Kin­der und Leute, unfass­bar viel Licht. In diese Stille – sie hielt eine Weile an – fiel der erste metal­lene Klang der kleins­ten Glo­cke. Das Dom­ge­läut begann. Die zweite Glo­cke setzte ein […]. Die dritte brachte das erste Dröh­nen, die vierte den Don­ner […]. Nach den Ein­schlä­gen immer schwe­re­rer Glo­cken schien der Dom mit dem Fels und der Treppe davon­ge­flo­gen, im Getöse stan­den die Lich­ter der Ker­zen still.“ Für den jun­gen Chris­toph Meckel, der die Dom­glo­cken bis dahin nur aus wei­ter Ent­fer­nung gehört hatte, kam die­ses Dom­ge­läut einem Gewit­ter gleich. Nach­dem auch die schwerste der Glo­cken geläu­tet hatte,  setzte eine Stille ein, dann, lang­sam, began­nen die Men­schen, die Ker­zen waren teils schon her­un­ter­ge­brannt, zu sin­gen an.

 Christoph Meckel in Erfurt – Eine Kindheit in der unmittelbaren Nachkriegszeit:

  1. Das Haus der Großeltern in der Viktor-Scheffel-Straße
  2. Himmelspforte in der Marktstraße 6
  3. Schulausflug/in der Umgebung des Petersbergs
  4. Sankt-Martins-Fest am Domplatz
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