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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Daniel Börner
Börner, Daniel: „Wenn Ihr überhaupt nur ahntet, was ich für einen Lebenshunger habe!“ – Hans Fallada in Thüringen, Ausstellungskatalog, Jena 2010 / Thüringer Literaturrat e.V.
Anfang Februar 1912 wird Ditzen nach Tannenfeld überstellt, das den Beinamen »Heilanstalt für Nerven- und Gemütskranke« trug. Der noch erhaltene Gebäudekomplex des Sanatoriums liegt unweit von Ronneburg bzw. Gera. Das Gelände von Tannenfeld ist heute direkt an der Bundesautobahn 4 gelegen und von Wald und einem Landschaftspark umrahmt. Das im Zentrum der Anlage stehende Schloss entstand um 1800 und wurde als nach 1900 als Krankenhaus genutzt.
Ergänzt wurde das Gelände von als Villen erbauten Bettenhäusern, Liegehallen, Veranstaltungsräumen, Gärten, Werkstätten und weiteren Wirtschaftsgebäuden. Das Ensemble Tannenfeld verfällt leider seit Jahren zusehends. Bisherige Initiativen zum Erhalt des prächtigen Areals oder die Suche nach Investoren für die wertvolle Anlage gelangen bisher nicht.
Während der Unterbringung in dieser privaten Heilanstalt verband Ditzen eine Hass-Liebe mit seiner Tante Adelaide (genannt Ada), die den labilen Neffen selbstlos pflegte, an moderne Literatur heranführte und ihm neuen Lebensmut vermittelte. Sie darf als seine literarische Geburtshelferin gelten. Tannenfeld darf ebenfalls als Beginn von ernsthaften Versuchen gelten, sich schriftstellerisch zu betätigen. Es entstanden hier Gedichte, Übersetzungen und der feste Plan, später ein Buchautor zu werden.
Im nahen Dorf Nöbdenitz nahm Ada Ditzen oft für mehrere Wochen Quartier, um Rudolf weiterhin nahe zu sein; oft gab es Unstimmigkeiten und sie sahen sich mehrere Tage nicht.
Im September 1913 verließ Rudolf die Heilanstalt und begann im gegenüber liegenden Posterstein eine Landwirtschaftslehre, zu der ihm auch die Eltern rieten. Praktische Arbeit war ein gutes Heilmittel gegen Weltabgewandtheit und Dichterschmerz. Die Neigung zur Landwirtschaft wird sein ganzes weiteres Leben prägen. Seine Kenntnisse und Fertigkeiten werden noch im mecklenburgischen Carwitz, dem Lebens- und Schreibort der Jahre 1933 bis 1944, nachwirken, als er dort neue Sorten einführte und die Bewirtschaftung optimierte.
1919 wurde Ditzen, obwohl nun fast zum Autor Fallada gereift, nochmal für kurze Zeit Patient bei Arthur Tecklenburg, der ihn bereits 1912 bis 1913 behandelte. Diesmal litt er an einer akuten Morphiumsucht.
Seit vielen Jahren stehen große Teile das Areals rund um die alte Schlossanlage und des ehemaligen Sanatoriums leer. Die Gebäude sind in einem baulich bedenklichen Zustand und es bestehen schon länger intensive Bemühungen, die Anlage vor einem weiteren Verfall zu bewahren.
So könnten nach einem Umbau wiederum Patienten dort gepflegt und betreut werden. Die Tradition Tannenfelds würde damit fortgesetzt werden und auch der literarische Erinnerungsort erhalten bleiben. Ein konkretes Konzept zur zukünftigen Nutzung der Park- und Schloßanlage ist angekündigt.
Abb. 1, 2: Ansichtskarten, um 1900, Archiv Daniel Börner / Abb. 3: Foto: Daniel Börner / Abb. 4, 5: Fotos: Jens Kirsten.
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