Günter Ullmanns Bodenständigkeit und seiner besonderen Verbundenheit mit Greiz bekunden mehreren seiner Gedichte und Erinnerungen. Sein Gedicht »Greizer Tunnelbau« widmete er 1977 einem literarischen Tunnelbauer. Bei späteren Lesungen erklärte er dazu: »Dieses Gedicht habe ich geschrieben, als Reiner Kunze aus dem Land geekelt wurde.«
GREIZER
TUNNEL-
BAU
den tag
durch den felsen
schlagen
die steine
das schwimmen
lehren
den tunnel
verschließen
mit licht
»Licht« wird in Ullmanns Werk zu einer elementaren Metapher für Hoffnung. Doch in dieses Gedicht fließt zugleich ein bemerkenswertes Stück Greizer Stadtgeschichte ein.
Für den Bau der Elstertalbahn, die Greiz mit ihrer Fertigstellung 1875 zu einem beachtlichen Aufschwung als Textilstadt verhalf, wurde die Bahnlinie ursprünglich durch den 60 ha umfassenden fürstlichen Park zwischen Weißer Elster und Oberem Schloss geplant. Der regierende reußische Fürst Heinrich XXII. lehnte diese Streckenführung jedoch ab, stimmte dann aber einem 270 m langen Tunnel durch den 50 m hohen Schieferfelsen zu, auf dem das Obere Schloss das Stadtbild prägt. Das beim Tunnelbau herausgebrochene Gestein wurde zur Gestaltung des großflächigen Parksees verwendet. Bei Günter Ullmann: »die steine / das schwimmen / lehren«.
Gern lud Günter Ullmann Freunde zum Spaziergang in diesen weiträumigen Landschaftspark ein, den Schriftsteller Utz Rachowski, der aus dem Gefängnis freigekauft nach Westberlin kam und nach 1990 zurück nach Reichenbach, den Schriftsteller und Journalisten Volker Müller, der im Oberen Schloss seine Wohnstatt hat, den Verfasser dieser Zeilen … In einer seiner Erinnerungen notierte er: »Öfters gehen wir um den Parksee«. In Gespräche vertieft wird der dann nicht selten mehr als nur einmal umrundet.
Zugleich war es ihm eine Freude, seine Gesprächspartner mit dem reizvollen Blick auf markante Aussichtspunkte zu belohnen, auf die Teufelskanzel, das Weiße Kreuz, den Pulverturm und die mittelalterliche Burganlage des Oberen Schlosses.
Mitunter schlug er auch einen Abstecher zum 1779 fertiggestellten frühklassizistischen Sommerpalais vor, dem früheren fürstlichen Sommersitz im vorderen Teil der Parkanlage. Als Museum beherbergt es die Bücher- und Kupferstichsammlung des Hauses Reuß, Ältere Linie sowie das »Satirikum«, eine überaus sehenswerte zeitgenössische und historische Karikaturensammlung aus über 300 Jahren mit wechselnden Ausstellungen.
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