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Udo Scheer
Thüringer Literaturrat e.V.
Am 4. August 1945 wird Günter Ullmann als drittes von vier Kindern in Hohndorf bei Greiz geboren. Seine Mutter Erna entstammt einer Bauernfamilie. Sein Vater Gottfried arbeitet nach seiner Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft als Abteilungsleiter Handel und Versorgung. Die Familie zieht bald nach Greiz, zunächst in ein inzwischen abgerissenes Mehrfamilienhaus in der Zeulenrodaer Straße 24, wo dem kleinen Jungen alle Türen offen stehen. Dort, sagt er, sei er in den Entbehrungen der Nachkriegszeit in einem »Privilegium aus Liebe« aufgewachsen. In der Schule träumt er davon, den Armen in Afrika zu helfen. 1966 macht er sein Abitur und zugleich seinen Berufsabschluss als Baufacharbeiter. Arbeit findet er der körperlich wenig robuste Günter Ullmann auf dem Bau, als Bauschreiber, später als Maurer – eine Stasi-Zersetzungsmaßnahme.
1965 gründen Freunde vom Hainberg und er in der Gartenlaube neben dem elterlichen Wohnhaus in der Beethovenstraße 54 die Beat-Band »The rats«, offiziell »Rats-Combo«. Er versucht sich als Schlagzeuger, Sänger und Texter. 1966 erfolgt ihr erstes Verbot wegen »sozialismusfremdem englischen Gesangs« und ihre Neugründung als »media nox« (Mitternacht).
Ein Studium am Literaturinstitut Leipzig wird ihm ebenso verwehrt wie ein Studium an der Fachschule für Angewandte Kunst in Heiligendamm. Seine Malerei, überwiegend abstrakte Aquarelle, wird als dekadent abgewiesen. Da ist er wegen seiner Bekanntschaft mit Reiner Kunze, der nur wenige hundert Meter entfernt in der Franz-Feustel-Straße wohnt, und wegen seiner engen Freundschaft mit Jürgen Fuchs längst im Visier der Staatssicherheit. Der vermeintlich gute Freund Manfred Ibrahim Böhme, Sekretär des Kulturbundes und Inoffizieller Mitarbeiter des MfS IMV »Paul Bonkarz«, bespitzelt und verrät ihn.
Nach seinen Protesten gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann und die Verhaftung von Jürgen Fuchs im November 1976 wird Günter Ullmann von der Staatssicherheit verhört. Der sensible Lyriker wird in Verfolgungswahn und Depressionen getrieben und muss sich Therapien in psychiatrische Kliniken in Rodewisch, Stadtroda und Jena unterziehen. Die Staatssicherheit notiert zu ihren Zersetzungsmaßnahmen, es wurde … ein hoher Grad an Verunsicherung erreicht, so daß in der Folgezeit nicht mit öffentlichkeitswirksamen feindlichen Aktivitäten zu rechnen ist. Die Jahre bis 1989 schreibt Günter Ullmann in tiefster Isolation vierzehn Buchmanuskripte für die Schublade und malt Hunderte Monotypien und Aquarelle.
Die Deutsche Einheit erlebt er als Befreiung und begleitet sie zugleich kritisch. Arbeit findet er 1990 als Kultursachbearbeiter in der Stadt Greiz. Hier schafft er vor allem Podien für Autoren und im offiziellen DDR-Kulturbertrieb abgelehnte Künstler wie die Greizer Holzbildhauerin Elly-Viola Nahmmacher. Später arbeitet er als Mitarbeiter des Stadtmuseums Greiz. Rund zwanzig Bücher, Lyrik, helle Kindergedichte und Erinnerungen, erscheinen kleineren Verlagen, u.a. im Quartus-Verlag Bucha und in seinem Hausverlag, dem Geest-Verlag in Vechta.
1996 verleiht die Stadt Greiz Günter Ullmann die Bürgermedaille in Silber. 2004 erkennt ihm die Deutsche Schillerstiftung ihre Adolf-Mejstrik-Ehrengabe zu.
Am 9. Mai 2009 stirbt Günter Ullmann mit nur 62 Jahren letztlich an den Spätfolgen seines in der DDR durchlittenen Schicksals.
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