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Lutherstätte Augustinerkloster
Thema
Patrick Siebert
Detlef Ignasiak, Das literarische Thüringen, Bucha 2015.
Darüber, dass Martin Luther (1483–1546) der bekannteste und historisch bedeutsamste Bewohner der Stadt Erfurt war, besteht kein Zweifel, doch war er zu seiner Zeit nicht der einzige Kirchenkritiker in der Stadt. Als der Reformator im April 1501 als »Martinus Ludher ex Mansfeld« in die Matrikel der Universität eingetragen wurde, war Georg Spalatin (1484–1545) bereits Baccalaureus der Philosophie. Nach seinem Aufenthalt in Wittenberg vervollständigte er seine akademische Ausbildung in Thüringen. Er studierte hier die Rechte und Theologie, bis er schließlich 1508 zum Priester geweiht wurde.
Seine weitere Karriere führte ihn wieder nach Wittenberg, wo er als Hofkaplan Friedrichs des Weisen zu einem der engsten Vertrauten des Kurfürsten wurde. Eine Position, in der er maßgeblich zu der Verbindung Luthers mit Friedrich beigetragen hat. Von seinen schriftlichen Zeugnissen sind vor allem die historischen Texte zu nennen: Die 1510 erschienene »Chronik der Sachsen und Thüringer« und eine Geschichte der Päpste und Kaiser im Reformzeitalter. Auch der Karlstadt genannte Andreas Rudolf Bodenstein (1486–1541) studierte von 1499–1503 in Erfurt, wo er mit dem Grad eines Baccalaureus abschloss. Nach einem Zwischenspiel in Köln wechselt er nach Wittenberg, wo er Luthers Lehrer und Mitstreiter werden sollte.
Wie Spalatin begann Luther seine akademische Ausbildung mit einem Studium an der Artistenfakultät, dem ein Magisterabschluss in Philosophie folgte (1503–1505). Wie von seinem Vater gewünscht, nahm er danach ein Studium der Rechte auf, welches von dem bekannten »Gewitterereignis« durchkreuzt wurde. Auf dem Rückweg von Mansfeld nach Erfurt geriet Luther am 2. Juli 1505 bei Stotternheim in ein Gewitter. Als neben ihm ein Blitz einschlägt, schwört er: »Hilf, du Sankt Anna, ich will ein Mönch werden!«. Nur zwei Wochen später bat er um die Aufnahme in das Erfurter Augustinerkloster als Mönch.
Ein langjähriger Begleiter Luthers wurde Johannes Lang (1488–1548), der den Augustinern 1506 beitrat. Trotz seiner regen Kontakte zu den Humanisten trug er maßgeblich zur Durchsetzung der Reformation in Erfurt bei. Nachdem er Luther 1511 nach Wittenberg folgte, kehrte er zurück, um 1516 Prior des Augustinerklosters und Professor an der Universität zu werden. Sein Austritt aus dem Kloster 1522 gab ihm den nötigen Freiraum einerseits für seine Vermählung 1524 und die erste einheitliche evangelische Gottesdienstordnung für Erfurt 1525 andererseits. Aus Langs Feder stammt eine bedeutsame Übersetzung des Matthäus-Evangeliums von 1521.
Da er sich in der Stadt ständig mit Anfeindungen durch die katholische Obrigkeit konfrontiert sah, zog er sich ab 1530 zunehmend in die Michaeliskirche zurück, wo er Pfarrer war Ein Gegenpol zu den Reformatoren war Conrad Cling (1490–1556). Der Franziskanermönch kam zum Studium nach Erfurt, blieb fest beim katholischen Glauben, hielt seine Messen in der Hospitalkirche. Er setzte sich mit dem Ideen des Luthertums in seiner Schrift »Loci Communi« von 1556 auseinander. Das »Volksbuch« über Johannes Faust überliefert: »und sandte ihm einen gelehrten Mönch, Dr. Klinge genannt, auf den Hals«. Cling war also der derselbe Mönch, der Faust 1513 mit einem Stadtverweis belegte.
Als gefeierter Reformator besuchte Luther Erfurt noch mehrfach. Bei seinem ersten Besucht am 6.4.1521 predigte er in der Augustinerkirche. Auch weitere Besuche nutzte er, um Gottesdienste abzuhalten, so 1529 in der Barfüßerkirche. Neben der Gottesdienstordnung von Johannes Lang erschien 1524 mit dem »Erfurter Enchiridion« ein weiteres wichtiges Dokument für das evangelische Geistesleben. Als ältestes deutsches evangelisches Gesangsbuch versammelt es 25 Lieder, davon 18 aus der Hand von Martin Luther. In der Vorrede des Schwaben Johann Eberlin von Günzburg (1470–1533) wird der alte Kirchgesang als Geschrei von »Baalspriestern« und »Waldeseln« abgekanzelt.
Die Aufgabe der neuen Lieder hingegen sei die Besserung, Lehre und Erziehung der Jugend. Dass die Lieder der Sammlung weite Verbreitung fanden, beweisen die 17 noch heute im »Evangelischen Gesangbuch« enthaltenen Stücke. Als Luther am 4. März 1537 erneut in die Stadt kam und in der Engelsburg übernachten musste, war der Grund weniger erfreulich. Schwer erkrankt, wurde er von Georg Sturz (1490–1548) behandelt. Bei seinem letzten Besuch im Juli 1540 begleiteten ihn Philipp Melanchton (1487–1560) und Justus Jonas (1493–1555).
Letzterer hatte selber eine engere Verbindung zur Stadt Erfurt. Er studierte ab 1506 an der Artistenfakultät der Universität und nahm dabei die humanistischen Odeen der Zeit auf. Vor allem die Vorlesungen von Eobanus Hessus hatten es ihm angetan. Nachdem er 1510 den Grad des Magister Artium erreicht hatte, floh er aus der Stadt vor den 1509 ausgebrochenen Unruhen. 1515 kehrte er zurück, empfing die Priesterweihe und predigte an der Erfurter Severikirche. Ab 1518 wirkte er darüber hinaus als Professor an der juristischen Fakultät. Als Rektor der Universität versuchte er, die Lehranstalt im humanistischen Sinne umzugestalten und dabei ihr theologisches Profil entgegen der überkommenen scholastischen Traditionen zu erneuern.
Jonas entwickelt sich zu einem der engsten Vertrauten Luthers, begleitete ihn zum Reichstag nach Worms, wo er mit der Schrift »Acta et res gesta Doctoris Murtini Lutheri« eindrücklich Partei für den Reformator ergriff. 1540 nächtigte die kleine Reisegesellschaft im Haus »Zum Schlehendorn« an der Langen Brücke.
Heute dokumentieren zahlreiche Zeugnisse Luthers Leben und Wirken in Erfurt. Hervorzuheben sind die Luther-Zelle im Augustinerkloster, die Georgenburse an der Lehmannsbrücke und das 1889 durch Fritz Schaper geschaffene Denkmal vor der Kaufmannskirche am Anger. Luther selber nimmt in seinen Tischreden eine durchaus kritische Position gegenüber der Stadt ein:
Um auf Erfurt zu sprechen zu kommen, so war es einst das fruchtbarste Bethlehem, aber man hat mit dem Waid die Äcker verderbt; so wurde der Segen zum Fluch.
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