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Literarisches Thüringen um 1800
Jens-Fietje Dwars, Ulrich Kaufmann
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Wir gehen vom Markt wenige Schritte zur Windischenstraße, am Haus Nr. 8 erinnert eine Tafel daran, dass Schiller hier 1799 bis 1802 wohnte. Schiller ein Vertriebener? Im Dezember 1799 war er mit seiner Familie von Jena übergesiedelt, um dem Theater und Goethe näher zu sein. Doch wirklich angekommen ist der Stückeschreiber in Weimar nie. Erst 1802 gelingt es ihm, an der Esplanade ein eigenes Haus zu erwerben, für dessen Abzahlung sich der Dramatiker zu Tode arbeitet: Maria Stuart, Die Jungfrau von Orleans, Die Braut von Messina, Wilhelm Tell – jedes Jahr schreibt er ein neues Stück!
Seltsamerweise wächst mit dem Werk auch die Distanz zu Goethe und zu Weimar: „Oft treibt es mich, mich in die Welt nach einem anderen Wohnort und Wirkungskreis umzusehen“, schreibt Schiller 1803 an Humboldt. Und im Jahr darauf an Wilhelm von Wolzogen: „Ich sehe mich hier in so engen kleinen Verhältnissen, daß es ein Wunder ist, wie ich nur einigermaßen etwas leisten kann.“
Zwar hebt ihn der Herzog in den Adelsstand (woran mehr seiner Frau als ihm selbst gelegen war) und erhöht sein Einkommen, doch Schiller zieht es längst nach Berlin, wo er 1804 gefeiert wurde. Auch die Stoffe, die er für künftige Stücke plant, verraten diese Sehnsucht nach der Großstadt, nach dem Phänomen der Masse: „Demetrius“ handelt von der Auswechselbarkeit des einzelnen im Ringen um Macht, „Die Polizey“ vom Untergrund in Paris und mehrere Entwürfe kreisen um das Thema Seefahrt, Europa und die Neue Welt. Solche Themen sprengten den Horizont der Klassik, verlangten nach einer neuen Form.
Nur die Krankheit und der frühe Tod 1805 verhinderten, dass Schiller die klassizistische Scheinidylle mit ihre höfischen Zwänge verließ.
Abb. 1: Foto: Jens-Fietje Dwars / Abb. 2: Foto: Jens Kirsten.
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