»Die Schattenseiten von Weimar« – Auf den Spuren vertriebener Geister
5 : Die Thelemannsche Buchhandlung von Gustav Kiepenheuer

Ort

Weimar

Themen

Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution

Weimarer Republik

Autor

Jens-Fietje Dwars, Ulrich Kaufmann

Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.

In der Schil­ler­straße 15, die wir durch die Neu­gasse errei­chen, befand sich mehr als ein Jahr­hun­dert lang eine der tra­di­ti­ons­reichs­ten Buch­hand­lun­gen Wei­mars: die The­le­mann­sche. Gus­tav Kie­pen­heuer (1880–1949) über­nahm 1908 das Geschäft, die spä­tere Lyri­ke­rin Marie Luise Kaschnitz begann dort 1921 eine Lehre als Buchhändlerin.

1909 grün­dete Kie­pen­heuer in Wei­mar sei­nen Ver­lag, der zunächst, dem Ort ange­mes­sen, Lite­ra­tur der Klas­si­ker publi­ziert. 1919 zog er nach Pots­dam, wo im Kie­pen­heuer-Ver­lag u.a. die erste große Samm­lung expres­sio­nis­ti­scher Dich­tung erschien: „Kame­ra­den der Mensch­heit“. In Wei­mar hätte es dafür kein Publi­kum gegeben.

1945 kam der Ver­le­ger nach Wei­mar zurück und ver­suchte 1947 mit Joseph Cas­par Witsch eine Neu­grün­dung. Er selbst starb 1949 und Witsch ver­ließ die DDR 1951. Fortan gab es im Osten den – ver­staat­lich­ten – Kie­pen­heuer-Ver­lag und im Wes­ten den Ver­lag Kie­pen­heuer & Witsch.

Zurück durch die Neu­gasse und die Win­di­schen­straße wei­ter gehend gelan­gen wir zum Eck­haus in der Rit­ter­gasse 21, wo die The­le­mann­sche Buch­hand­lung wei­ter bestand. Ab 1954 lei­tete sie die Buch­händ­le­rin Katha­rina Becker, die hier neben­bei auch eine Lei­bü­che­rei betrieb; ab den 1960er Jah­ren Gra­fi­ken und Anti­qui­tä­ten ver­kaufte und zahl­rei­che Aus­stel­lun­gen in ihrem Geschäft zeigte. 1988 über­nahm Ursula Botta die Buch­hand­lung, die sie bis zu ihrem Ruhe­stand 2014 leitete.

Die The­le­mann­sche Buch­hand­lung wurde im April 2014 von den dama­li­gen Inha­bern Ursula und Rai­ner Botta auf­ge­ge­ben – nach 30 Jah­ren resi­gnier­ten sie gegen­über der über­mäch­ti­gen Kon­kur­renz gigan­ti­scher Buch­han­dels­ket­ten und des Inter­nets. Wie­der ein Ort weni­ger, an dem eine Chance hatte, was nie­mals Mas­sen­ware sein wird: das gute und das schöne Buch.

 »Die Schattenseiten von Weimar« – Auf den Spuren vertriebener Geister:

  1. Vor dem einstigen Hotel »Zum Erbprinz« – Lenz in Weimar
  2. Ein Tonsetzer in Haft – Erinnerung an den jungen Bach
  3. Marktplatz. Ein Stein zur doppelten Erinnerung an Jean Paul Richter und Gisela Kraft
  4. Windischengasse – Schillers Zwischenhalt
  5. Die Thelemannsche Buchhandlung von Gustav Kiepenheuer
  6. Doppelt vertrieben. Bauhaus-Museum und Goethe-Schiller-Denkmal auf dem Theaterplatz
  7. Wielandstraße 29 – Böcklin und das »Silberne Weimar«
  8. Goetheplatz 9 – Kunsthalle Harry Graf Kessler
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