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Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Cornelia Hobohm
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projektes der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Eugenie Marlitt wurde mit ihren Werken nicht nur berühmt, sondern auch wohlhabend. Vom Erlös ihres Romans »Reichsgräfin Gisela« von 1869 kaufte sie sich ein Baugrundstück auf der damaligen Hohen Bleiche am Stadtrand in Richtung der Alteburg. Hinter der alten Stadtmauer an einem Hang gelegen eröffnet sich ein wundervoller Ausblick über die Stadt und die Umgebung nach Norden hin. In die geräumige Villa »Marlittsheim«, die mit einem Türmchen versehen wurde, zog die Familie ihres Lieblingsbruders Alfred mit ein. Dessen Kinder waren fast schon so etwas wie eigene Kinder für die Marlitt geworden. Sie zog sich immer mehr von der Außenwelt, die sie bewunderte und verehrte, zurück. Das geschah vor allem aus gesundheitlichen Gründen, denn ihre rheumatischen und arthritischen Leiden verschlimmerten sich derart, dass sie auf einen Rollstuhl angewiesen war. Demzufolge wurde das Haus in einer Weise erbaut, die wir heute als behindertengerecht bezeichnen würden: Die Türöffnungen sind breit, Schwellen fehlten, der abschüssige Garten wurde zum Teil begradigt. Die Aussicht vom Turm der Villa konnte sie nur einmal genießen – sie hatte sich von Helfern hinauf tragen lassen, beim Abstieg fiel sie, so dass die Erinnerung an diesen »Ausflug« in doppeltem Sinne sehr schmerzlich gewesen sein muss. Die Marlitt hatte die Villa 1871 bezogen – im gleichen Jahr, in dem Willibald Alexis starb. Zwei Schriftsteller in einer Provinzstadt im Rollstuhl sitzend – sind sie sich jemals begegnet? Die Nähe haben sie nicht gesucht. Auch war der gesundheitliche Zustand von Alexis nach mehreren Schlaganfällen noch weitaus desolater als der der Marlitt. Doch dass sie sich nie begegnet wären, ist in solch einem kleinen Städtchen kaum vorstellbar.
Die Villa Marlitt ist in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. Die Familie John verlor das Haus kurz nach der Jahrhundertwende auf unglückliche Weise. Den Anlass gab ein Neffe von Eugenie Marlitt, der sich nach diversen Pleiten schriftstellerisch versuchte und dabei den Namen der berühmten Tante nutzen wollte: Walter John-Marlitt.
Abb. 1: Xylographie eines unbekannten Künstlers um 1885. Abb. 2: Foto: Jens Kirsten
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