Personen
Josias Friedrich Christian Löffler
Orte
Thema
Detlef Ignasiak
Das literarische Thüringen, Bucha 2018.
Das 899 erstmals urkundlich erwähnte Saalfeld war eine karolingische Königspfalz, deren Kapelle sich an der Stelle der heutigen Dorfkirche von Graba befand. Über König Heinrich II. kam Saalfeld an Ezzo von Lothringen und an dessen Tochter Richeza (995‑1063), die als Gemahlin Mieszkos II. Königin von Polen war und in Saalfeld verstarb. 1056 gab sie Saalfeld an das Erzbistum Köln und damit an das Reich. Der Geschichtsschreiber Lampert von Hersfeld (vor 1028-vor 85) stand zur Zeit Richezas in engem Kontakt zum Saalfelder Benediktinerkloster (heute steht dort das Schloss) und hat dieses auch besucht. Seine in den »Annales« (1078) dargestellte Sicht auf Heinrichs IV. »Gang nach Canossa« (1077) ging in die dt. Historiographie ein und wirkt bis heute nach.
Wenn auch die 1180 gegründete Stadt, die hohe Einnahmen aus der Saaleflößerei und dem Bergbau erzielte, keine Freie Reichsstadt wurde, so verfügte sie aber lange Zeit über reichsstädtische Privilegien. Dennoch fiel Saalfeld 1389 an die Wettiner, was aber dem mit dem Bergbau verbundenen wirtschaftlichen Aufschwung keinen Abbruch tat. Berühmt wurden die Saalfelder Schnitzaltäre. 1470–1520 existierten in Saalfeld sechs Schnitz- und drei Malerwerkstätten. Die bekanntesten Schnitzer sind Valentin Lendenstreich (gest. 1506) und der Riemenschneider-Schüler Hans Gottwalt von Loh († 1543). – Nach dem Tod Ernst des Frommen wurde Saalfeld Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Saalfeld (1680–1745). An der Stelle des Benediktinerklosters wurde ein Barockschloss (heute Landratsamt) erbaut, dessen berühmte Kapelle besichtigt werden kann. 1745 fiel das Herzogtum Sachsen-Coburg an Saalfeld, wurde nun aber zunehmend von Coburg aus regiert. Die Saalfeld-Coburger Herzogin Auguste Caroline Sophie gelang die Verheiratung ihrer drei Töchter Antoinette, Juliane und Victoria nach Württemberg, Russland und England. Aus der Ehe der letzteren mit Eduard von Kent entspross die berühmte Königin Victoria.
Der 1488 in Augsburg geborene Humanist und Theologe Kaspar Aquila starb 1560 in Saalfeld. Ab 1521 unterstützte er Luther durch seine Hebräischkenntnisse bei der Übersetzung des Alten Testaments. Luther schickte ihn 1527 als ersten Superintendenten an die Saalfelder Johanniskirche. Nachdem er Saalfeld wegen der Schrift »Wider das Interim« (1548) verlassen musste, kehrte er 1552 hierher zurück. Heute erinnert eine Gedenktafel an der Johanniskirche an ihn.
Caspar Sagittarius war von 1668–1671 Rektor in Saalfeld, dessen erste Stadtgeschichte er schrieb. Christian Zeidler folgte ihm bis 1684 im Rektoramt. Er erlebte in Saalfeld seine produktivste Zeit als Schuldramatiker. Doch sind die meisten seiner hier verfassten Texte (»Albrechtus animosus, Herzog Albrecht der Teutsche Roland«, 1677) nicht erhalten.
Der 1725 in Saalfeld geborene Theologe Johann Salomo Semler begründete in Saalfeld die »historisch-kritische Theologie des Protestantismus« begründete, mit der er zwischen Gottes Wort und den Buchstaben der Bibel zu unterscheiden suchte. Einerseits griff er die Orthodoxie an, andererseits wagte er noch nicht den Weg in eine rigorose Aufklärung. Seit Hauptwerk, der »Versuch einer nähern Anleitung in der Gottesgelehrsamkeit« erschien 1757.
Josias Friedrich Christian Löffler wurde 1752 in Saalfeld geboren. Er war wir Semler ein bedeutender Theologe, der an den Franckeschen Stiftungen in Halle pietistisch erzogen wurde, sich in Berlin mit Moses Mendelssohn befreundete und Lehrer von Alexander und Wilhelm von Humboldt wurde. Er war der Hauptvertreter der Aufklärung in Thüringen.
Der 1807 in Saalfeld geborene Wilhelm Ludwig Füßlein verfasste 1861 »Geschichten aus der Heiligen Schrift für die Kinderstube« und 1863 »Erinnerungen aus dem Saalthale. Sechs Erzählungen«, bei denen es sich um spannende Kriminalgeschichten handelt, die viel vom Leben des Volkes im frühen 19. Jahrhunderts berichten und lokal genau einzuordnen sind.
Die 1851 in Zielenzig geborene Marthe Renate Fischer lebte ab 1899 in Thüringen. 1914 zog sie nach Saalfeld, wo sie bis kurz vor ihrem Tod 1925 lebte. Heute erinnert an ihrer einstigen Wohnung in der Knochstraße 36 eine Gedenktafel. Ihr Grab auf dem Saalfelder Friedhof ist erhalten und ihr literarischer Nachlass befindet sich im Thüringer Heimatmuseum Saalfeld.
Erwin Strittmatter (1912–1994) wohnte vom Sommer 1936 bis zum Herbst 1945 in Saalfeld, zum Teil in der Nähe von Saalfeld. Am 12. 6. 1945 kehrt er aus dem Krieg nach Saalfeld zurück und wohnte für einige Zeit bei seiner geschiedenen Frau.
Der Schriftsteller Thomas Bernhard (1931–1989) wurde 1942 für mehrere Monate mit der »Kinderlandverschickung« in einem Heim für schwer erziehbare Kinder nach Saalfeld geschickt. Der 9‑jährige hatte zu Hause die Schule geschwänzt und auf den fortwährenden »Liebesentzug« mit »Bettnässen« reagiert. Das Saalfelder Heim wurde für Bernhard eine »Stätte der höchsten Verzweiflung«. Zum Frückstück wurde sein nasses Bettlaken im Speisesaal zur Schau gestellt. Unschwer vorstellbar, dass diese »Erziehungshölle« lebenslange Narben hinterließen. 1978 besuchte Bernhard von Leipzig aus das Heim, wo zu seinem neuerlichen Schrecken noch immer Kinder untergebracht waren. In der Erzählung »Ein Kind« von 1982 hat Bernhard seine Saalfelder Zeit beschrieben. Heute befindet sich in dem Gebäude (Am Steiger 10) ein Jugendbegegnungszentrum, an dem eine Gedenktafel an Bernhards Aufenthalt erinnernt, davor eine an Bernhard erinnernde Bankgruppe, die 2011 eingeweiht wurden.
Der Schriftsteller Ror Wolf wurde am 29.6.1932 in Saalfeld (Saale) als Richard Wolf geboren. Später gab er sich den Künstlernamen Ror Wolf und wählte das Pseudonym Raoul Tranchirer. Nach dem Abitur 1951 durfte er nicht studieren. Er absolvierte eine Lehre als Betonfacharbeiter in Unterwellenborn. 1953 siedelte er in die Bundesrepublik über.
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