1903 München
1987 Königstein im Taunus
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Pascal Quicker
Thüringer Literaturrat e.V. / Gedenkstätte Buchenwald
Eugen Kogon wurde am 2. Februar 1903 als unehelicher Sohn einer jüdischen Ärztin in München geboren. Da seine Mutter bereits zwei Jahre nach der Geburt verstarb, verbrachte er das darauffolgende Lebensjahrzehnt als Pflegekind sowie in einem katholischen Internat. Nachdem er Nationalökonomie und Soziologie in München, Wien und Florenz studiert hatte, wurde Kogon 1927 mit einer Dissertation über Faschismus und Korporativstaat promoviert. Im selben Jahr begann er eine Anstellung als Mitarbeiter der katholischen Zeitschrift »Schönere Zukunft«, welche er bis 1932 innehatte. Ab 1934 war er Treuhänder und Vermögensverwalter des Fürstenhauses Sachsen-Coburg-Gotha.
Als ausgesprochener NS-Gegner war Kogon von 1938 bis 1945, abgesehen von anfänglichen Unterbrechungen, dauerhaft inhaftiert, zunächst im KZ Dachau, ab 1939 als politischer Häftling im KZ Buchenwald (Häftlingsnummern 545, 6384, 9093). Dort wurde er im Mai 1943 Arztschreiber des KZ-Arztes Erwin Ding-Schuler, dem Leiter der Fleckfieberversuchsstation in Buchenwald. Laut eigener Aussage gelang es ihm durch seinen Einfluss auf den SS-Mann, zahlreichen Häftlingen das Leben zu retten, unter ihnen Stéphane Hessel. Kurz vor der Befreiung des Lagers, am 5. April 1945, erfuhr Kogon durch Ding-Schuler von seiner geplanten Exekution, die noch vor Ankunft der US-amerikanischen Truppen erfolgen sollte. Dennoch rettete Ding-Schuler Kogons Leben, indem er ihn in einer Kiste aus dem Konzentrationslager in sein Haus schmuggeln ließ.
Nach Kriegsende arbeitete Kogon zunächst als Berater für die Psychological Warfare Division der US-Armee. Bald darauf wurde er wieder publizistisch tätig und begann noch 1945 die Arbeit an seinem im darauffolgenden Jahr veröffentlichten Werk Der SS-Staat: Das System der deutschen Konzentrationslager. Bei dem Buch – noch heute ein Standardwerk zu den NS-Verbrechen – handelt es sich um die erste historische Analyse des nationalsozialistischen Terrorsystems. 1947 sagte Kogon als Zeuge der Anklage im Nürnberger Ärzteprozess, im Prozess gegen die Verantwortlichen des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes der SS sowie im Buchenwald-Hauptprozess (der im Rahmen der Dachauer Prozesse stattfand) aus.
Ab 1946 betätigte sich Kogon außerdem als Mitherausgeber der von ihm in Kooperation mit Walter Dirks gegründeten »Frankfurter Hefte«, einer linkskatholisch geprägten Zeitschrift für Kultur und Politik, die mit ihrer für damalige Verhältnisse sehr hohen Auflage bald eine der einflussreichsten gesellschafts- und kulturpolitischen Zeitschriften der Nachkriegszeit darstellte. Trotz CDU-Mitgliedschaft wandte sich Kogon schnell vom Kurs der Adenauerregierung ab und wandte sich in zahlreichen Essays kritisch gegen diese, die Wiederbewaffnung und die Gefahr eines atomaren Aufrüstens.
Da für Kogon die Lehre aus der Katastrophe des Nationalsozialismus nur eine Abkehr vom klassischen Nationalstaat hin zum Aufbau einer europäischen Republik sein konnte, engagierte er sich unter anderem in der Europa-Union in Deutschland, deren erster Präsident er von 1949 bis 1953 war. Zwischen 1951 und seiner Emeritierung 1968 lehrte Kogon darüber hinaus als Professor am neu eingerichteten Lehrstuhl für Politikwissenschaft an der Technischen Hochschule Darmstadt. 1964/65 leitete er das ARD-Politmagazin Panorama, dessen Moderation er ab März 1964 übernahm wie ab 1968 auch die der Fernsehsendung Perspektiven. 1950 wurde Kogon Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. In seinen späten Jahren unterstützte er die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition und setzte sich aktiv für die Aussöhnung mit Polen sowie der Sowjetunion ein. Er starb, nach einem weitgehend zurückgezogen verbrachten Lebensabend, am 24. Dezember 1987 in Königstein im Taunus.
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