1929 Landsberg an der Warthe
2011 Berlin
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Christa und Gerhard Wolf in Bad Frankenhausen
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Marie K. Gentzel
Christa Ihlenfeld kam am 18. März 1929 in der polnischen Stadt Landsberg an der Warthe zur Welt. Hier wurde sie eingeschult, lernte Lesen, Schreiben und den Hitlergruß. Nach Kriegsende musste sie gemeinsam mit ihren Verwandten vor den anrückenden Russen fliehen. Ihre Reise endete vorläufig in Schwerin, wo Christa Ihlenfeld die Oberschule besuchte. Über eine Zeit schwerer Krankheiten der Nachkriegszeit half sie sich besonders mit Gedichten von Goethe hinweg. Im Goethe-Jahr 1949 lud man sie als Gewinnerin eines Aufsatzwettbewerbes zu den »Goethe-Tagen der Jugend« nach Weimar ein. Später absolvierte sie als Studentin ein Praktikum in Weimar.
1946 zog die Familie Ihlenfeld ins thüringische Bad Frankenhausen. In der Schule las Christa Ihlenfeld Anna Sehgers Roman »Das siebte Kreuz«. Der Flüchtlingsroman erschütterte ihr ehemals von nationalsozialistischer Ideologie geprägtes Weltbild zutiefst. Im Verlust der alten Werte widmete sie sich dankbar den marxistischen Ideen und trat nach ihrem Abitur in die SED ein. So stand ihr auch der Weg zu Studium der Germanistik und Geschichte in Jena und Leipzig frei. Während dieser Zeit lernte sie ihren künftigen Ehepartner Gerhard Wolf kennen, der sie mit seinen Literaturkenntnissen beeindruckte und den sie 1951 heiratete.
Nach Abschluss ihres Studiums arbeitete Christa Wolf beim Deutschen Schriftstellerverband und als Cheflektorin des Berliner Verlages »Neues Leben«. Ab 1955 war sie Mitglied im Vorstand des Schriftstellerverbands der DDR. 1959 übersiedelte die Familie nach Halle. Hier leiteten Christa und Gerhard Wolf in einem Waggonbauwerk den »Zirkel Schreibender Arbeiter«. Letzterer war Teil eines Projektes, das nach sozialistischer Idee die verschiedenen Lebenswelten von Intellektuellen und Arbeitern zusammenführen sollte. Der Austausch war so erfolgreich, dass er nach einigen kulturpolitischen Verschärfungen durch die SED-Spitze wieder unterbunden wurde. Das öffentliche Mitspracherecht von Künstlern in Betrieben führte dazu, dass den Arbeitern politische Missstände im Land allzu deutlich dargelegt und die Freiheiten der Künstler deshalb wieder zurück genommen wurden. Christa Wolf verarbeitete ihre Erlebnisse dieser Zeit in ihren Roman »Der geteilte Himmel«, der große Resonanz hatte und verfilmt wurde. Infolgedessen wurde Christa Wolf als Stimme der DDR-Literatur hoch gelobt und als Kandidatin in das Zentralkomitee der SED aufgenommen.
Im Laufe ihrer Arbeit als nunmehr freiberufliche Schriftstellerin fand das Werk Christa Wolfs gleichermaßen in der Bundesrepublik Anerkennung und wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet. Darüber hinaus verdankte sie ihrem literarischen Erfolg Lesereisen in zahlreiche Länder. Als Christa Wolf sich 1965 auf dem berüchtigten 11. ZK-Plenum der SED als Einzige gegen die geplanten Restriktionen in der Kulturpolitik aussprach, geriet sie in Konflikt mit der Partei. Ihr zweiter Roman, »Nachdenken über Christa T.« durfte nur in kleiner Auflage erscheinen. 1976 protestierte sie öffentlich gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann und stand fortan unter strenger Überwachung durch die Staatssicherheit. Sie zog sie sich aus der politischen Öffentlichkeit zurück, nahm nicht mehr an Parteitagungen teil, widmete sich aber weiter dem Schreiben. In ihrem Roman »Kassandra« entwarf sie anhand des Staates Troja ein Bild der Situation in der DDR. Troja stellte sie als einen Staat dar, der die Kreativität seiner Bürger steuert und zu begrenzt. Daran muss er letzten Endes scheitern. »Kassandra« wurde in beiden deutschen Staaten herausgegeben, in der DDR erschien aber nur eine gekürzte Fassung.
Nach der Wendezeit setzte sie sich weiter mit dem ehemals geteilten Deutschland auseinander und trug entscheidend zur Aufarbeitung der Vergangenheit bei. Sie griff die Möglichkeit, sich mit einer Figur der griechischen Mythologie zu identifizieren, in »Medea –Stimmen« wieder auf. Diesmal galt ihre Kritik der geeinten Bundesrepublik Deutschland: sie beschrieb, wie größere Bevölkerungsgruppen in Krisensituationen der Geschichte immer wieder ausgegrenzt wurden. Als ehemalige DDR-Bürgerin stieß sie im Prozess der Wiedervereinigung selbst auf Abwehr. In Aufsätzen, Erzählungen und ihrem letzten Roman »Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud« resümierte weitere Erlebnisse der DDR-Geschichte. 2011 starb Christa Wolf nach langer Krankheit in Berlin.
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