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Daniel Förster
Im Jahr 1912 nahm die wohl schon länger existierende Idee eines Denkmals für die berühmte Autorin und Tochter der Stadt Eugenie Marlitt konkrete Gestalt an. Am 18. April des Jahres gründete sich im Arnstädter Gasthof »Goldene Henne« unter dem Vorsitz des Fabrikanten und Mäzens Max Toelle, ein Ausschuss, dem führende Persönlichkeiten der Stadt angehörten. Fürstin Anna Luise von Schwarzburg hatte für diesen die Schirmherrschaft übernommen. Erste Mittel waren bereits eingegangen, jedoch sollte die Sammlung von Geldern durch einen öffentlichen Aufruf vorangetrieben werden.
Paul Bandorf, von der in Arnstadt ansässigen Porzellanmanufaktur »Bandorf & Mardorf«, fertigte zunächst Konzepte für das Bronzerelief mit dem Konterfei der Schriftstellerin, später auch für die restliche Ausgestaltung des Denkmals. Diese Entwürfe wurden von dem bekannten Bildhauer Victor Seifert geprüft und überarbeitet, wobei er das Bronzerelief der Marlitt als »künstlerisch vollendete Arbeit« bezeichnete.
Am 10. Juni 1913 beschloss der Stadtrat einstimmig, einen Platz am alten Friedhof für die Errichtung des Marlitt-Denkmals zur Verfügung zu stellen. Bereits drei Monate später konnte mit den Fundamentierungsarbeiten begonnen werden. Das Denkmal selbst bestand aus einem von Säulen gebildeten Halbkreis, in dessen Mitte sich ein Postament mit dem Bronzerelief der Schriftstellerin erhob. Als Material für die Bauausführung war Kirchheimer Muschelkalk gewählt worden. Die Gesamtkosten, einschließlich der Fundamentierung beliefen sich auf 4000 Mark. Am Sonntag den 5. Oktober 1913 konnte das Denkmal um 11:00 Uhr feierlich eingeweiht werden.
Nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik fiel Eugenie Marlitt als bürgerliche Romanautorin in Ungnade. Am 7. Februar 1950 forderten ein Vertreter des Ortsvorstandes der FDJ als auch der Stadtverordnete Hertel in einer Diskussion der Arnstädter Stadtverordnetenversammlung die Entfernung des Denkmals, da Zitate aus dem Roman »Reichsfürstin Gisela« zeigen würden, dass Eugenie Marlitt die Predigerin des Untertanengeists gewesen sei und somit für eine demokratisch-fortschrittliche Literatur nicht mehr tragbar wäre. Weiterhin wurde angemerkt, dass ihre Schriften auch keinen erzieherischen Wert mehr besäßen. In der Abstimmung wurde die Entfernung des Denkmals gegen zehn Stimmenthaltungen der LDP beschlossen.
Versuche der Bevölkerung den Abriss zu verhindern, wie ein Schreiben Max Toelles an den Oberbürgermeister, scheiterten schlussendlich. Als am 17. April 1951 ein Schreiben des Ministeriums des Innern in Arnstadt eintraf, welches den Abbruch des Marlitt-Denkmals ablehnte, da nur nazistische oder militärische Gedanken zu beseitigen seien, war das Monument schon seit Wochen geschleift und die Fläche geräumt worden.
Seit der Wiedervereinigung Deutschlands wurden in der Bevölkerung Arnstadts Stimmen laut, die Erinnerung an Eugenie Marlitt wieder wachzurufen und ein neues Denkmal für die Schriftstellerin zu errichten. Dieses Ansinnen fiel auf fruchtbaren Boden. In der Stadtverordnetenversammlung vom 21. Mai 1992 beschloss die Mehrheit der Abgeordneten die Wiederrichtung des Marlitt-Denkmals mit 2000 Mark zu unterstützen. Durch Spenden von Privatleuten und Firmen wurde weiteres Geld gesammelt.
Das neue Marlitt-Denkmal entstand in Anlehnung an den Vorgängerbau an nahezu gleicher Stelle. Der Baukörper besteht aus Beton, die Plakette mit dem Konterfei der Autorin ist aus Spezialporzellan gefertigt. Das Denkmal wurde am 5. Dezember 1992 feierlich der Öffentlichkeit übergeben.
Abb.1 : Ansichtskarte um 1915. Abb. 2,3: Fotos: Daniel Förster
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