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Peter Drescher
Erstdruck in Palmbaum 2/2020. Alle Rechte beim Autor. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Peter Drescher
Sinnfragen
In all ihren Büchern ist die Autorin nah bei den jugendlichen Helden, kennt ihre Träume, Wünsche, versteht ihre Stimmungen. Nie lässt sie bei den jungen Lesern Langeweile aufkommen, fabuliert ausgesprochen unterhaltsam.
In der Erzählung 299 Tage, geht es ergreifend, berührend zu, wird doch die Protagonistin, die 14-jährige Schülerin Sanna, von einer schlim-men Krankheit heimgesucht: Lähmung diverser Muskeln des Kehlkopfes. Sanna wird ihres wichtigsten »Instruments«, der Stimme beraubt. Das ist besonders schmerzlich, weil das lebenslustige Mädchen nicht nur gern singt und erwartungsvoll ihrer Premiere als Leadsängerin in einer Schulband entgegensieht, nein, sie will den Gesang später zum Beruf machen. Wenn nun verschiedent- lich dem Buch das Etikett »Sprache im digitalen Zeitalter« verpasst wird, so ist das wohl zu hoch gegriffen, auch wenn es im Heute spielt und der Teenager locker und häufig zeit- gemäße Kommunikationsmittel wie das Smartphone handhabt.
Anderes ist wesentlicher: Leiderfahrung, aufkeimende und wieder zunichte gemachte Hoffnung, das Ertragen langwieriger medizinischer Behandlungen, scheinbar nutzloses, schier unaufhörliches Stimmtraining, Angst vor einer Außenseiterrolle, ja, die Furcht, eine Gebrandmarkte zu sein.
Dies alles kommt nicht überfrachtet mit vielem Fachvokabular daher. Stets geht es um den Weg, das Empfinden der jungen Heldin. Gleich am Anfang, als der Arzt die unausweichliche Operation ankündigt, wird das jäh aufkeimende Bangen gemildert. »Ein Routineingriff, keine große Sache.« Stimmt nicht, denn die Operation zeitigt kein schnelles positives Ergebnis, die Behandlung zieht sich zermürbend hin. Erst nach 299 Tagen kann Sanna beglückt aufatmen.
Gut eingewoben sind die Probleme des Vaters, der den Tod seiner Frau verkraften muss. Cybermobbing und das Erleben der ersten Liebe fehlen nicht. Doch Sannas Lebensbahn, auf der sie plötzlich aus der Normalität gerissen wird und sich ins »wahre Leben« zurückkämpft, wird nie verlassen. Dieses Ringen ist das Zentrum, immer aber passieren auch Dinge, die das Dasein eines jungen Mädchens mitbestimmen – das liebevolle Ver- hältnis zu den Großeltern und das komplizierte Zusammensein mit Klassenkameradinnen, aufglimmender Trotz, Verzweiflung, Partielaune, Sinnfragen.
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