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Patrick Siebert
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2014.
Seit dem Jahre 1503 wirkte mit Conradus Mutianus Rufus (1471–1526) einer der einflussreichsten Humanisten am Gothaer Marienstift. Sein heute nicht mehr bestehendes Haus »Beata Tranquilitas« unterhalb der Burg war Treffpunkt des »Mutianischen Humanistenkreises«. Ein Gedicht von Euricius Cordus (1486–1535) beschreibt das Haus:
»Heimlich hinter dem Dom steht still verborgen das Häuschen,
Schier von Dädalischer Kunst und labyrintischem Bau.
Schon ein einziger Blick verrät dir das ruhige Leben.«
Besucher waren unter anderen Georg Spalatin, Ulrich von Hutten und Eoban Hessus. Seine weitverzweigte Korrespondenz verband ihn mit Erasmus von Rotterdam und Johannes Reuchlin. Verdient machte sich Mutianus durch seine Versuche, christliche Theologie mit antiker Philosophie zu vereinen. Dass er dabei sowohl Gegner der katholischen Amtskirche, wie der Reformationsgedanken Luthers war, brachte ihn jedoch mehrfach in wirtschaftliche Bredouillen. Die im Volksbuch behauptete Anwesenheit von Johann Faust (1480–1540) in Gotha wird von einem Brief aus dem Jahre 1513 bestätigt. Der eben schon genannte Mutianus Rufus bezeichnet Faust als »Prahler und Narr«.
Der heutige Myconiusplatz hat seinen Namen von Friedrich Myconius (1491–1546), der seit 1524 damit beschäftigt war »die stürmisch begonnene Reformation in seine Hand« zu nehmen. Seine »Geschichte der Reformation« von 1541 ist durch die Verarbeitung einer Vielzahl persönlicher Erfahrungen ein bis heute lesenswertes Quellenwerk. Unter dem Titel »Poemata« wurden die lyrischen Werke des Rhetorikers Johann Stigel (1515–1562) gesammelt. Zur Gotha schrieb er: »Gotha ist Heimat mir, rings prangend von üppigen Fluren«. Stigel, von Kaiser Karl V. zum Poeten gekrönt, wurde in Gotha geboren und war einer der ersten Dekane der philosophischen Fakultät der 1558 gegründeten Universität Jena. Martin Luthers Besuche in Gotha waren sehr unterschiedlicher Natur. Dramatisch verlief sein letzter Aufenthalt hier. Am 27. Februar 1537 kam Luther schwer erkrankt aus Schmalkalden in der Stadt an. Seine Lage war derart bedenklich, dass er Johannes Bugenhagen (1485–1558) sein Testament diktierte und mit Myconius über sein Begräbnis sprach. Jedoch erholte er sich wieder. Myconius war auch an der Schaffung des Gothaer Gymnasiums Ernestinum im Jahre 1524 maßgeblich beteiligt. Bekannte Schüler oder Lehrer waren unter anderem Arthur Schopenhauer (1788–1860), Kurd Laßwitz (1848–1910) und Otto Liebetrau (1855–1928).
Eine besondere Episode in der Stadtgeschichte Gothas sind die »Grumbachschen Händel«. Mit der Schleifung von Burg Grimmenstein 1567 verlor die Stadt nicht nur ihre architektonische Wegmarke, sondern gelangte damit in den Mittelpunkt publizistischen Interesses. Eine Flugschrift von Wilhelm Clebitius konnte auf der Frankfurter Messe 1.400 Mal verkauft werden.
» O Kaiser Maximilian,
Bitt wollest die Sach recht verstahn.
Fürwahr die Festung Grimmenstein
Ist deiner Hoheit viel zu klein.
Kein Ehr kann bringen dir der Krieg,
Obgleich in deiner Hand der Sieg«
Eine bemerkenswerte Zahl für die frühe Neuzeit. Auch später fanden Autoren in der Auseinandersetzung zwischen Johann Friedrich II. von Sachsen und Kaiser Maximilian II. von 1567 ein lohnenswertes Sujet. Ludwig Bechstein (1801–1860) verarbeitete den Stoff zum 1839 erschienen historischen Roman »Grumbach«. Auch der in Gotha-Siebleben geborene Hjalmar Kutzleb (1885–1959) fand Inspiration für sein nach der Burg »Grimmenstein« benanntes Werk (1939).
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