In der Nacht zum 23. Mai 2010 kam es in der Eisfelder Innenstadt zu einem Großbrand. Das ehemalige Kino brannte völlig aus und weitere 3 Gebäude wurden in wenigen Stunden in Mitleidenschaft gezogen. 144 Feuerwehrleute bekämpften den Brand und benötigten über 1 Millionen Liter Wasser dazu.
Das Schreckensszenario dieser Nacht erinnerte an den großen Stadtbrand vor 188 Jahren.
Am Sonntag, dem 7. Juli 1822, Otto Ludwig ist damals 9 Jahre alt, hört man während des Nachmittagsgottesdienstes gegen 14.00 Uhr Feuerrufe in der Stadt. Als die ersten Menschen fluchtartig und von Panik ergriffen die Kirche verlassen, war am Anfang der Breiten Gasse in der Scheune des Heinrich Cronacher Feuer ausgebrochen. Die Menschen sehen eine riesige Feuersäule, die immer größer zu werden scheint. Schon nach wenigen Minuten sind vier angrenzende Wohnhäuser ein Raub der Flammen.
Ein starker, heißer Wind breitet einen Funkenregen über der Stadt aus, so dass in kürzester Zeit auch weit entfernte Gebäude der Alt- und der Neustadt in Flammen stehen. Schon stürmen die Glocken, es lärmen die Trommeln durch die Gassen und herbei strömt die rettende Menge, um dem verderblichen wütenden Feuer die Beute abzukämpfen und aus der immer weiter wachsenden Glut die Habe der Hände ringenden und wehklagenden Bürger zu retten. Je mehr die Eisfelder versuchten gegen das Flammenmeer anzukämpfen, desto gieriger griff es um sich. Die einstige Brandschneise zwischen Altstadt und Neustadt, heute noch die Feuermauer genannt, war seit dem 30-jährigen Krieg dicht bebaut worden und ermöglichte es den Flammen, den gesamten inneren Kern der Stadt von der Breiten Straße bis zur Braugasse, vom Kirchberg bis zum Schloss in nur 30 Minuten in Brand zu setzen. Die Flammen fanden kein Hindernis. Enge Gassen und Straßen, die Nebengebäude gefüllt mit allerlei brennbarem Material aus der Landwirtschaft begünstigten das rasche Fortschreiten des Brandverlaufes. Nach einer Stunde steht die Altstadt und Neustadt in Flammen. Ein furchtbares Schauspiel bot der Brand des Rathauses, besonders der Einsturz des hoch emporragenden Rathausturmes.
Zwei Handwerksburschen, Johann Georg Dammeyer, ein Metzger aus Berthelsdorf bei Schwabach in Bayern und Johannes Wolf ein Weber aus Dietzhausen bei Kühndorf kamen am Vorabend des Brandes in Eisfeld an. Sie waren mit die ersten Personen auf dem Markplatz. Während die Einheimischen versuchten ihre Habseligkeiten vor dem Feuer zu retten, kamen die beiden Fremdlinge den Einheimischen und ihrem Hab und Gut mit Unerschrockenheit zu Hilfe. Wenn ihre Kleider brannten, sprangen sie in den Brunnen und eilten von neuem in die Glut. Ein anderer Eisfelder sah die brennenden Balken als letzte Reste seines Hauses zusammen stürzen und sagte »Mein Haus ist verloren. Nun will ich anderen helfen!«. Aber die Macht der Flammenglut war stärker. Insgesamt 127 Wohnhäuser, 6 öffentliche Gebäude (darunter das Rathaus, das Brauhaus, das Vikariat, das Syndikat sowie die Malzdarren der Altstadt und der Neustadt) sowie zahlreiche Scheunen, Hinter- und Nebengebäude, werden vollkommen zerstört. Die schon in Brand geratene Untere Wache neben der Kirche (das 7. öffentliche Gebäude) wird zum Schutz der Eisfelder Dreifaltigkeitskirche schnell abgerissen, was ein Übergreifen der Flammen auf die Kirche verhindert. 13 weitere Wohnhäuser sind mehr oder weniger stark beschädigt. 876 Einwohner werden durch den Brand obdachlos oder geschädigt. Der damals angegebene reine Sachschaden des Feuers beträgt nach heutigem Wert ca. 8. Millionen Euro. Es ist ein Wunder, dass bei dieser Brandkatastrophe in Eisfeld niemand ums Leben gekommen ist. Im Gegenteil: In dieser schrecklichen Nacht erblicken zwei kleine Eisfelder das Licht der Welt. Ein öffentlicher Beamter, der Vater von Otto Ludwig und Stadtsyndikus, Ernst Ludwig rettet unter Lebensgefahr einen Teil der Amtsakten aus dem brennenden Rathaus, während sein eigenes Hab und Gut und damit auch alle Forderungen offener Außenstände an Geld in den Flammen verzehrt wird. Seine Frau schleppt die Gerichtskasse ins Freie. Diese mit 5000 Gulden gefüllte Kasse wird noch in der gleichen Nacht aufgebrochen und das Geld gestohlen. Ludwig ersetzt der Stadt das fehlende Geld aus redlichen Gründen und richtet sich und seine Familie wirtschaftlich zu Grunde.
Er stirbt im Januar 1825 an einem Brustgeschwür.
Abb. 1: Foto nach Pastell von Ernst Strassner, unbek. Fotograf, um 1820 / Abb. 2: Fotograf verm. Eduard Glaser, 1913. Alle Fotos Museum Eisfeld.
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