Auf den Spuren des Dichters Otto Ludwig in Eisfeld
5 : Das Geburtshaus

Person

Otto Ludwig

Ort

Eisfeld

Thema

Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution

Autor

Heiko Haine

Thüringer Literaturrat e.V.

Das Geburts­haus stand als Eis­fel­der Amts- und Syn­di­kus­haus in der dama­li­gen Häfners‑, der heu­ti­gen Brau­gasse im 2. Vier­tel der Neu­stadt. Ange­lehnt an die Stadt­mauer bil­dete der Hof mit sei­nen Kase­mat­ten einer Fünf­ecks­bas­tei für die bei­den Ludwig’schen Kin­der einen idea­len Spiel­platz. Beim gro­ßen Brand 1822 wird das Haus ein Opfer der Flam­men und nicht wie­der auf­ge­baut. Heute steht dort die Schmiede Göh­ring, spä­ter Schmied Erbe. Nur eine kurze Quer­strasse ent­fernt befand sich in der Markt­strasse, dem 1. Vier­tel der Neu­stadt, das Gebäude des Onkels Chris­tian Otto. Auch die­ses brannte 1822 ab, ent­stand aber neben dem Rat­hause schon 1823 neu und nahm nach der Fer­tig­stel­lung die Fami­lie des Stadt­syn­di­kus Ernst Lud­wig in sei­nen Räu­men auf.

Die Lud­wigs ent­stam­men einem Bau­ern­ge­schlecht aus Bel­rieth im Kreise Mei­nin­gen. Sie erschei­nen im 18. Jahr­hun­dert als Kam­mer­räte und Hof­ad­vo­ka­ten des Her­zog­tums Hild­burg­hau­sen. Einer von ihnen, Carl Fried­rich Lud­wig, der Groß­va­ter des Dich­ters, wird 1768 Stadt­syn­di­kus in Eis­feld. Er hei­ra­tet ein Jahr spä­ter Johanna Rühle von Lili­en­s­t­ern und zeich­nete sich durch seine Tat­kraft und seine dich­te­ri­sche Bega­bung aus. In sei­nem Amte fol­gen ihm zwei sei­ner Söhne: Julius Hein­rich und 1806 Ernst Fried­rich Lud­wig, des Dich­ters Vater. 1807 schließt er den Ehe­bund mit Sophie Frie­de­rike Otto, der Toch­ter des Eis­fel­der Kauf­manns und Sena­tors Chris­tian Otto.

Das dich­te­ri­sche Talent ver­dankte Otto Lud­wig sei­nem Vater, der auch ein Bänd­chen Gedichte her­aus­gab.[1] Die musi­ka­li­sche Bega­bung ererbte er von sei­ner Mut­ter, die gleich­zei­tig stark lite­ra­risch inter­es­siert war und es ver­stand, ihren zar­ten, leicht emp­fäng­li­chen Jun­gen für alles Gute und Schöne zu begeis­tern und ihn mit der deut­schen Lite­ra­tur bekannt zu machen. Seine Vor­liebe für den Dich­ter Shake­speare ent­sprang ihrem Ein­fluss. Die Mut­ter war es auch, gemein­sam mit dem Freund des Hau­ses, dem Regis­tra­tor Lud­wig Ambrunn, die den Kna­ben für die Stadt­schule vor­be­rei­tete, in die er 1823 ein­trat. Sie war eine Frau voll Liebe und Güte, von leicht erreg­ba­rem Enthu­si­as­mus für alles Schöne und Gute. Indem sie ihrem Sohn mit strah­len­den Augen und gerö­te­ten Wan­gen von Socra­tes und Leo­ni­das und vie­len wei­te­ren erzählte wie von Dr. Luther, legte sie früh­zei­tig den Grund­stein für Lud­wigs edle Gesin­nung, die ihn sein gan­zes Leben beglei­tete.[2]

Beide Eltern­teile zeich­nete eine große Liebe zur Natur aus. Das ver­an­lasste sie auch, ein Jahr nach der Geburt ihres Soh­nes Otto 1814 außer­halb der Stadt unweit des Syn­di­kus­hau­ses am Süd­hang einer Tal­mulde, dem Hei­nig, ein Gar­ten­pa­ra­dies zu schaf­fen und dort in der Nähe einer mehr­hun­dert­jäh­ri­gen Eiche ein Gar­ten­haus im spät­klas­si­zis­ti­schen Stil zu errich­ten. Die Eltern konn­ten nicht ahnen, was sie mit die­ser Anlage mit­ten in einer lieb­li­chen Land­schaft ihrem Sohne für das Leben geschenkt hatten.

Otto Lud­wig selbst schrieb über diese Zeit:

1813 bin ich in Eis­feld im Sach­sen – Mei­nin­gi­schen gebo­ren, am süd­li­chen Fuß des Thü­rin­ger Wal­des. Die Schu­len sind damals schlecht, ich bin kränk­lich. So komm ich erst im 10. Jahre in die mit neuen Leh­rern besetzte Stadt­schule; bis dahin leb ich meist in mei­nes Vaters Gar­ten und lerne da die Lust an der Ein­sam­keit und an der Natur. Lerne früh schon Schil­ler, Tieck und Shake­speare ken­nen, wel­cher mein Lieb­ling ist. Ein beson­ders gelieb­ter Leh­rer, zugleich ein tüch­ti­ger Musi­kus, weckte mei­nen Sinn für Musik.

 


[1] Der Gedicht­band ist nicht erhal­ten geblie­ben und eine Exem­plar konnte bis­her nicht recher­chiert werden.

[2]  Vgl. »Lud­wigs Werke«, her­aus­ge­ge­ben von Dr. Vik­tor Schwei­zer, Ers­ter Band, Biblio­gra­phi­sches Insti­tut Leip­zig und Wien. 1898. S. 8–10.

 Auf den Spuren des Dichters Otto Ludwig in Eisfeld:

  1. Der Mann auf dem Sockel
  2. Der Eisfelder Marktplatz
  3. Das Eisfelder Rathaus
  4. Der dicke Herr
  5. Das Geburtshaus
  6. Zwischen Himmel und Erde
  7. Die alte Bastei
  8. Der Schützenhof zu Eisfeld
  9. Der Garten - »Jedes Blättchen ist mir wie ein Bruder«
  10. Die Dichtergedenkstätte
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