Jean Paul in Thüringen
6 : Jean Paul in Hildburghausen

Personen

Jean Paul Richter

Johann Gottfried Herder

Caroline von Feuchtersleben

Ort

Hildburghausen

Thema

Literarisches Thüringen um 1800

Autor

Julia Knapp; Bernhard Echte

Jean Pauls Orte - Ein Projekt des Vereins

Jean Paul 2013 e.V.

Liebe schöne Seele, lass es Dir sagen, wie ich dich achte und liebe.

Es gehört zur Eigen­art von Jean Pauls Büchern, dass er seine Lese­rin­nen und Leser meist schon auf den ers­ten Sei­ten anre­det, als seien sie seine ver­trau­ten Freunde. Was zur Folge hatte, dass die Lese­rIn­nen das lite­ra­ri­sche Spiel ernst nah­men und dem Autor schrie­ben, ja ihn häu­fig sogar zu sich ein­lu­den. Kamen diese Briefe von jun­gen, viel­leicht gar adli­gen Damen, so war Jean Paul durch­aus bereit, per­sön­lich nach­zu­se­hen, wer sich da für ihn begeis­terte. Ein sol­cher Fall führte ihn vom 21.–28. Mai 1799 nach Hild­burg­hau­sen. Dort gab es eine Lese­rin namens Caro­line von Feuch­ters­le­ben, deren innige Briefe seine Neu­gier geweckt hatten.

Kaum ange­kom­men, öff­nete sich ihm sogar der Hof des Ortes, wo ihn die schöne Her­zo­gin Char­lotte und zwei ihrer drei Schwes­tern huld­voll emp­fin­gen: die erste eine Fürs­tin von Solms, die zweite eine Fürs­tin von Thurn und Taxis, die dritte gar Köni­gin von Preu­ßen (die berühmte Luise) wurde wenig spä­ter erwar­tet – alle waren sie Ver­eh­re­rin­nen sei­ner Werke. Für ihre Män­ner inter­es­sierte sich Jean Paul unhöf­lich wenig, doch tat sich der Her­zog dadurch her­vor, dass er dem Dich­ter den Titel eines »Lega­ti­ons­ra­tes« ver­lieh. Das kos­tete ihn weder Geld noch Befug­nisse, doch gab es dem nied­rig gebo­re­nen Jean Paul den Anschein von Legi­ti­mi­tät, an Höfen zu erschei­nen. Im Gegen­zug trug die­ser der Her­zo­gin und ihren Schwes­tern die Dedi­ka­tion sei­nes »Titan«-Romanes an, was ihn sei­ner­seits nichts kos­tete, ihn aber vor aller Welt in illus­trer Gesell­schaft zeigte.

Wich­ti­ger wurde ihm aber von Tag zu Tag jene Lese­rin, die der Anlass der Reise gewe­sen war. Jean Paul begann sich zu ver­lie­ben – und stieß auf Echo. Im Okto­ber war er neu­er­lich in Hild­burg­hau­sen, die­ses Mal für 14 Tage. Im Novem­ber teilte er Freun­den seine Ver­lo­bung mit. Das ver­setzte die Fami­lie des adli­gen Fräu­leins in Alarm: ein Bür­ger­li­cher, und dazu noch ein Dich­ter! Man fragte ulti­ma­tiv nach sei­nen finan­zi­el­len Ver­hält­nis­sen. Kein gerin­ge­rer als Her­der bog die Sache durch eine krea­tive Dar­stel­lung von Jean Pauls Ein­künf­ten zurecht. Wider­stre­bend gab die Fami­lie ihr Ein­ver­ständ­nis, sofern der Ehe­be­wer­ber zusagte, sich drei Jahre im Hin­ter­grund zu halten.

Jean Paul machte gute Miene zum bösen Spiel und traf seine Caro­line das nächste Mal in Ilmenau. Dort aber zer­brach unver­se­hens der Zau­ber. Hei­ra­ten? Nein – das nun doch nicht. Zum gro­ßen Ärger Her­ders krebste Jean Paul plötz­lich zurück und machte sich aus dem Staub. Caro­line fuhr als Geprellte nach Hild­burg­hau­sen zurück und ver­wand die Sache lange nicht. Jean Pauls Bücher aber las sie weiterhin.

 Jean Paul in Thüringen:

  1. Jean Paul in Weimar
  2. Jean Paul in Gotha
  3. Jean Paul in Ilmenau
  4. Jean Paul in Meiningen
  5. Jean Paul in Oßmannstedt
  6. Jean Paul in Hildburghausen
  7. Jean Paul in Löbichau
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