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Literarisches Thüringen um 1800
Julia Knapp; Bernhard Echte
Jean Pauls Orte - Ein Projekt des Vereins
Ich habe soviele Freunde dagefunden, vom Herzog an bis zum Schellenwirth…
Jean Paul an Carl-August Böttiger,
20. März 1799, über seinen Besuch in Gotha
Gotha hätte eigentlich das Zeug zu einer richtigen Jean Paul-Stadt gehabt. Im März 1799 war der Autor zum ersten Mal hier, traf den von ihm geschätzten Kollegen Thümmel und war binnen kurzem mit allen vertraut: von den einschlägigen Kneipiers bis hinauf zum Herzog Ernst. Im Juli gleichen Jahres war Jean Paul schon wieder da, verbrachte viele Stunden mit dem Archäologen August Schlichtegroll und dessen Frau, denen er innig verbunden war, und lernte weitere Mitglieder der herzoglichen Familie kennen.
Und so ging es weiter: Im Frühjahr 1800 folgt der nächste Besuch, ein weiterer im August, wobei sich Jean Paul mit dem literarisch ambitionierten Erbprinzen Emil August anfreundet. Die Stadt scheint es ihm so sehr angetan zu haben, dass er im September gar in Begleitung einer Dame vorbeikommt, deren leichte Lebens- und Liebesart sein Herz mehr als nur höher schlagen lässt: Henriette von Schlabrendorff. Kein Mann gehe »an diesem feurigen Busch unversengt vorbei«, hält er dazu resümierend fest. Doch die Beziehung bleibt folgenlos. Wenige Wochen später verlobt er sich in Berlin mit Caroline Mayer.
Auch wenn sich das junge Paar dann in Meiningen niederlässt, bleibt Gotha für Jean Paul auf der Tagesordnung. 1801 und 1802 ist er jeweils im Sommer hier, Anfang 1803 sogar mitten im Winter. Als Erbprinz Emil August am 20. April 1804 an die Regierung kommt, lässt Jean Paul dezent anfragen, ob dieser ihn an seinen Hof ziehen, d.h. ihm eine Pension aussetzen wolle. Auch bietet er an, ihm seine soeben vollendete »Vorschule der Ästhetik« zu widmen. Doch der junge Regent hat kein Musikgehör; selbst in der Frage der Dedikation bleibt er vage und antwortet mit einem Schreiben, das Jean Pauls ornamentalen Stil exaltiert zu überbieten versucht.
Da entschied sich Jean Paul für Bayreuth (zumal das dortige Bier besser war als das Naumburger, welches Emil August ins Feld geführt hatte). Mit der Widmung klappte es schließlich auch nicht: Der Zensor in Jena verbot sie – offenbar, weil er sie nicht verstand (Jean Pauls Anfrage an Emil August sollte schon die Widmung selbst darstellen). Doch ein dummer Zensor bewirkt manchmal Gutes: Das Verbot animierte Jean Paul zu seinem »Freiheitsbüchlein« (1805), einem der epochalen Traktate gegen die Zensur und für die Freiheit des Worts.
Abb. 1-4: Fotos: Jens Kirsten.
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