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Jens-Fietje Dwars
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Die Finger der rechten Hand des Musikers sind stets gebrochen, da, wie es heißt, Studenten der Weimarer Musikhochschule gleichen Namens bei Nacht und Nebel die glückbringenden Glieder entführen.
Ein guter Ort, sieben Gedichte Ginos zu lesen – laut zu Füßen des lebendig Gezeichneten.
Fließen in keinem Strome
Reden in keiner Sprache
Lesen in keinem Buche
Essen von keinem Teller
Leben in keinem Leben
immer nur fahren: nachhause
5. Oktober 69
November hängt
im klirrenden Geäst weißen Metalls
Aufklappbar zum Dutzend
nachempfundener Wunden.
Rosse ziehen
sturmrudernd
die verbeulte Kalesche,
nicht ich.
Manchmal – sollte ich meinen –
rollt sie allein
bergauf.
um 1980
Für Matteo Fischer
ist es nicht schön?
das hier bleibt, es bleibt hier
wenn ich gehe
eine sichel
im spiegel der heimat,
die steckenbleibt überall, wo er steht,
da bist du
1999
Für Dieter Weidenbach
Die, die nie zusammensaßen
sitzen zusammen.
Die, die sich nie sahen,
sehen einander.
Die, die sich nie aussprachen,
sprechen sich aus.
Die, die nie schwiegen,
schweigen.
2003
Für Reimund Frentzel
Bei jedem Aufschauen vom Tisch hinaus durchs Fenster
auf die zugewehte Loggia einen während
des Schneesturms gebliebenen unverfrorenen Raben
und über der entfernter als entfernt erscheinenden
Zypressengestalt ungeschlagener heimischer Pappeln
nicht einen einzigen Abschnitt einer Orientierung erblicken
aber wissen wollen warum & wieso & wozu dies alles
nie von vorne beginnt und am Schluß wahrscheinlich
nicht einmal endet
2005
dort hätte ich bleiben können
ausgestreckt zwischen schönen
leibern ohne gesicht ohne alter
ohne sprache mit großem geschlecht
ein reumütiger hanswurst
auf der suche nach freundschaft
grub ich gräber
ein gast war ich meiner natur
und ihr vollstrecker
Ungefähr zu dieser Stunde beginnt
in den Lichtungen zwischen Himmel und Erde
das Entleeren der Sternenreuse.
Jede voll auswegsloser Metastasen,
die in Fetzen über ausgekohlte
Weidenstämme treiben.
Unbezahlte Gesichter, die ich nie im Leben
gesehen haben konnte, an denen
ein beschrifteter Zettel hängt.
Nirgendwo ein weißes,
unbeschriebenes Blatt.
Jüdisches Krankenhaus Berlin 26.3.2006
Gino Hahnemann starb am 17. April 2006. Seine Urne wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt. Seinen Grabstein hat der Weimarer Bildhauer Walter Sachs geschaffen.
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