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Jens-Fietje Dwars
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Der kleine Platz vor dem Hauptgebäude der heutigen Bauhaus-Universität in Weimar ist auch ein Ort der Erinnerung an Gino Hahnemann. Sein späterer Nachlass-Verwalter
Reimund Frentzel erinnert sich an ihre erste Begegnung:
Das war eine seltsame Begegnung. Ich war gerade mit dem Studium fertig, ein junger Assistent an der Hochschule [für Architektur und Bauwesen] in Weimar. In Jena hatte ich mit dem Bau des Universitäts-Hochhauses zu tun. Ich fuhr einen VW-Käfer, was in der DDR eher ungewöhnlich war und deshalb auffiel. Als ich in Jena in mein Auto einsteigen wollte, stand an der anderen Tür ein junger Mann und stieg, eigentlich ohne wirklich zu fragen, einfach ein. Er wollte nach Weimar und die günstige Gelegenheit, die sich ihm bot, nutzen.
(…) Ich sah meinen namenlosen Tramper dann oft in Weimar, wie er mittags aus einem Fenster des Kleinen Van-de-Velde-Baus die Welt betrachtete. Sobald ich zwischen vielen Geschäften mal kurz in die Mensa hetzte, sah ich da einen, der guckte still, mit aller Zeit der Welt, einfach aus dem Fenster. Das beeindruckte mich. ›Der hat es gut‹, war ein Gefühl, das ich auch bei späteren Begegnungen mit Gino oft hatte. Irgendwann las ich damals die ersten Gedichte von ihm. Da sie mich faszinierten, verfolgte ich seither seine Entwicklung.
Gehen wir nun durchs Portal des Hauptgebäudes, vorbei an der Rodin-Plastik »Eve« und der geschwungenen Treppe von van de Velde in den Innenhof, so erleben wir einen Gang durch die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, wir begreifen uns selbst als Geworfene im Fluss der Zeit, der lebendigen Geschichte, die sich in der unterschiedlichen Nutzung des Hauses manifestiert und in und durch uns hindurch weiter wirkt.
Gino Hahnemann hat von 1965 bis 1970 an der HAB Architektur studiert.
1970 bis 1973 war er in der Projektierung des Ingenieur-Hochbau Berlin tätig. Hermann Henselmann, der mit Ginos Adoptiveltern verwandt war, vermittelte ihm nach 1973 kleinere Bauaufträge für die DDR-Kunst-Elite (u.a. für Hanns Eisler und Ruth Berghaus).
So hätte er durchaus ein anerkannter Architekt werden können. Dass dies nicht geschah, hat wohl auch mit seiner Herkunft zu tun, wie sich an der nächsten Station zeigen wird.
200 m Spaziergang über die Marienstraße in den Ilmpark zum Sowjetischen Friedhof.
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