Person
Ort
Thema
Von Goethes Tod bis zur Novemberrevolution
Daniel Börner
Thüringer Literaturrat e.V.
Der Uhufelsen liegt westlich von Rudolstadt in einem Seitental, dem Schaalbachtal. Die bewaldete und markante Kuppe ist vom Stadtzentrum oder der Heidecksburg aus deutlich erkennbar. Zu Fuß sind es rund 45 Minuten Gehweg. Die Strecke führt in Richtung Keilhau, vorbei an Schaala und nach Eichfeld hinein. Links oberhalb des Dorfes Eichfeld liegt der Steinberg, auch Uhu genannt, seinen Namen von der dort brütenden Vogelart erhaltend.
War der Berg um 1900 noch ein beliebtes Wanderziel, ist das Areal rund um den Uhuberg seit vielen Jahrzehnten ein Naturschutzgebiet und damit Totalreservat, das keine Eingriffe von außen erlaubt. An welcher konkreter Stelle sich das Duell ereignete hat, ist trotz einer erhaltenen Tatortskizze nicht mehr zu klären. Warum beide sich gerade jenen Ort erwählten, bleibt ebenfalls uneindeutig.
Folgender Hergang ist wahrscheinlich:
Am frühen Morgen des 17. Oktober 1911 holte Ditzen seinen Freund von Necker an dessen Wohnhaus, einer Villa an der heutigen Schloßstraße 25, ab. Von Necker hinterlässt einen Abschiedsbrief an seine Mutter Emma. Beide machen sich auf den Weg nach Eichfeld und nehmen den Weg hinauf zum Plateau des Berges. Sie sprachen noch über gemeinsame Erlebnisse, zitierten, scherzten und dachten gar an künftige Theaterpläne. Doch die Stimmung kippte. Ihr gefasster Entschluss, gemeinsam zu sterben, stand unverrückbar fest. Letzte Zigaretten wurden geraucht. Beide konnten oder wollten nun nicht mehr zurück. Vielleicht aus Angst, Scham, Übermut, Ehrgefühl oder Neugier?
Sie suchten sich eine für ihren Zweck geeignete Waldlichtung. Im Gewand eines vorgetäuschten Duells wollten sie ihren jungen Leben gemeinsam ein Ende setzen. Vorbereitete Duellkarten (»Kampfesursache: Duell wegen Beleidigung einer Dame«) steckten in ihren Taschen. Am Vortag wurde dazu ein kleiner Streit vor gleichaltrigen Zeugen inszeniert. Die Jacken hingen bereits an Astgabeln hinter ihnen. Es war kühl. Für die anatomische Position ihrer Herzen hatten sie als Zielmarkierung nur eine Schleife und eine Blume zur Hand. Von Necker half Ditzen beim Laden des unhandlichen Kurzgewehrs, ausgeliehen beim Oberst, der die Waffe – nichtsahnend vom eigentlichen Plan – für das Schießen auf Spatzen herausgab. Ohne Zeugen oder Sekundanten hoben sie die Waffen auf der einsamen Lichtung an und zielten. Auf ein beidseitiges Kommando feuerten sie.
Der jeweils erste Schuss verfehlte beide. Im zweiten Versuch traf Ditzen von Necker, dieser war verletzt und lag nun blutend am Boden. Ditzen behauptet später, von Necker bat um einem weiteren finalen Schuss, den er auch ausführte. Von Necker ist tot, erschossen von seinem Freund. Danach richtete dieser den Revolver auf sich selbst und drückte zweimal ab. Noch bei Besinnung taumelte oder schleppte er sich schwer verletzt den Berg wieder hinunter und wird auf halber Strecke und durch Zufall von einem Bauern gefunden. Der tote von Necker liegt noch oben auf der Lichtung des Uhufelsens. In der Eichfelder Gastwirtschaft Stockmann (Gebäude erhalten, schräg gegenüber der Kirche) erhielt der blutüberströmte eine notdürftige Erstversorgung und wurde in das Krankenhaus nach Rudolstadt gefahren. Gegen jede ärztliche Prognose blieb er am Leben und überstand auch die folgenden Tage.
Abb. 1, 2: Historische Ansichtskarten / Abb. 3: Foto: Jens Kirsten / Abb. 4, 5: Fotos: Daniel Börner.
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/hans-fallada-in-rudolstadt/das-duell-auf-dem-uhufelsen/]