Hans Christian Andersen in Thüringen
5 : Briefwechsel mit Carl Alexander

 Das Jahr 1846 führte Hans Chris­tian Ander­sen zwei­mal in die Gegend um Wei­mar. Die­sen Besu­chen war ein, im monat­li­chen Takt voll­zo­ge­ner, inni­ger und herz­li­cher, bis heute in den Archi­ven nach­zu­le­sen­der Brief­wech­sel mit Erb­groß­her­zog Carl Alex­an­der von Sach­sen-Wei­mar-Eisen­ach vor­aus gegan­gen. Man ver­ge­wis­serte sich gegen­sei­tig freund­schaft­lichs­ter Gefühle, ent­sann sich zusam­men ver­brach­ter schö­ner Stun­den und schien sich in der Lob­prei­sung des Ande­ren über­bie­ten zu wol­len, was bis­wei­len auf her­zog­li­cher Seite in etwas bemüh­ten Ver­glei­chen gip­felte, um den vor­han­de­nen Gefüh­len den gehö­ri­gen Aus­druck zu ver­lei­hen,denn, so meinte der junge Prinz in sei­nem, an Ander­sen adres­sier­ten Brief vom 26. Sep­tem­ber 1844, mein Herz ist gar zu voll der Freude, die Sie ihm berei­tet, als das es schwei­gen könnte. Und wenn es noch Zwei­fel geben sollte, wel­chen Platz der Dich­ter im Her­zen sei­ner juve­ni­len Majes­tät ein­ge­nom­men hatte, fegte Carl Alex­an­der jed­wede Beden­ken vom Tisch, indem er, sicht­lich von eige­ner künst­le­ri­scher Ambi­tion moti­viert, gra­vi­tä­tisch-umständ­lich anmerkt, daß Per­so­nen, die ich bei mir zu sehen das Ver­gnü­gen gehabt habe, mir ein freund­li­ches Andenken bewah­ren, so ist dies noch viel mehr natür­lich bei sol­chen der Fall, die ich so hoch schätze und so auf­rich­tig liebe wie Sie.

Mit Carl Alex­an­ders Bitte, daß, wenn ich ihnen, wie sie sagen, wirk­lich so ins Herz gewach­sen bin, Sie mir auch bis­wei­len den ein­zi­gen Trost der Tren­nung gewäh­ren, den man im Leben hat, daß Sie, mit einem Wort, mir bis­wei­len schrei­ben möch­ten, wird offen­kun­dig, dass hier ein mehr als nur förm­li­cher Umgang gewünscht wird. Die libe­rale und den Küns­ten zuge­neigte Erzie­hung des  Thron­fol­gers, auf wel­che Carl Fried­rich und in beson­de­rem Maße Maria Paw­lowna so gro­ßen Wert gelegt hat­ten, trug ihre Früchte.

Dass die­ser herz­li­che, ein­neh­mende Ton bei einer sen­si­blen Künst­ler­seele wie der Ander­sens Wohl­ge­fal­len aus­ge­löst haben mag, zumal wenn er von einem jun­gen Adli­gen eines euro­päi­schen Königs­hau­ses ange­schla­gen wurde, der mit zahl­rei­chen Herr­schern ver­wandt­schaft­lich ver­ban­delt war, nimmt nicht Wun­der. Und so will er bei sei­ner Wie­der­kehr zum Preis und Lob Wei­mars auch gleich Lie­der anstim­men, die seine Liebe bekun­den sol­len. Noch gibt er vor, nur der Stadt wie ein Lie­ben­der zuge­neigt zu sein, doch in sei­nem Brief vom 14. Februar 1846 bekennt er hin­ge­zo­gen-eifer­süch­tig und in holp­ri­gem Deutsch:

Eurer Herz ist groß, da ist Platzt für Meh­rere als für mich, und ich wün­sche Euch Freunde, die Euch lie­ben wie ich; aber ich darf nicht weg­ge­wor­fen wer­den, doch so was kann nicht geschehen. 

Über ein Jahr geht dies in ähn­li­chem Tone hin und her, bevor es Ander­sen mög­lich wird, sei­ner pos­ta­li­schen Anwe­sen­heit die kör­per­li­che hinzuzufügen.

 Hans Christian Andersen in Thüringen:

  1. Hotel »Zum Erbprinz« - Der Dichter trifft ein
  2. Bei Goethe vor verschlossenen Türen
  3. Zu Gast auf Schloss Ettersburg
  4. Besuch in der Fürstengruft
  5. Briefwechsel mit Carl Alexander
  6. Zu Gast im Kirms-Krackow-Haus
  7. »Abends bei Wolff, hier traf ich Hase« - Andersen in Jena
  8. Andersen auf der Wartburg
  9. Begegnung mit Franz Liszt
  10. Vor dem letzten Besuch in Weimar
  11. Die Grundsteinlegung des Carl-August-Denkmals
  12. Die Einweihung des Goethe- und Schiller-Denkmals
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