Goethe in Dornburg
2 : Das Renaissance- oder Goetheschloss

Personen

Johann Wolfgang von Goethe

Carl Friedrich Zelter

Ort

Dornburger Schlösser

Thema

Literarisches Thüringen um 1800

Autor

Jochen Klauß

Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projeks der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.

Die Namens­ge­bung geht auf Goe­thes zehn­wö­chi­gen pro­duk­ti­ven Auf­ent­halt im Spätsommer/Herbst 1828 zurück. Am 14. Juni des Jah­res war der Lebens­freund Goe­thes, der Groß­her­zog Carl August, gestor­ben. Die Ruhe des Ortes und der land­schaft­li­che Zau­ber des Saa­le­ta­les lie­ßen den Gast län­ger als ursprüng­lich geplant blei­ben und Trau­er­ar­beit verrichten.

Dazu zähl­ten Fra­gen der Bota­nik, des Wein­an­baues, des Gar­ten­baues, der römi­schen und der Thü­rin­ger Geschichte und der zeit­ge­nös­si­schen fran­zö­si­schen Lite­ra­tur. Schon die latei­ni­sche Inschrift über dem Renais­sance­por­tal begeis­terte ihn. Er übersetzte:

Freu­dig trete her­ein und froh ent­ferne dich wie­der!
Ziehst du als Wand­rer vor­bei, segne die Pfade dir Gott.

Die bei­den sog. Dorn­burg-Gedichte »Dem auf­ge­hen­den Voll­monde…« und »Früh, wenn Tal, Gebirg und Gar­ten…« signa­li­sier­ten die wie­der­ge­fun­dene See­len­ruhe, den erneu­er­ten Lebensmut.

Dorn­burg war von 1776 bis 1831 ein Lieb­lings­ort Goe­thes. Seit 1739 in her­zog­li­chem Besitz, bewohnte er in den Jah­ren sowohl das Renais­sance- als auch das Roko­ko­schloss. 1828 war es das ers­tere; die sog. Berg­stube als des Dich­ters Haupt­räum­lich­keit erin­nert daran. Wei­tere museale Räume sind die Diele mit dem Gemälde »Die Man­do­li­nen­spie­le­rin« nach Peter Paul Rubens, das Kamin­zim­mer, der Saal im Parterre.

Johann Wolf­gang von Goe­the schrieb am 10. Juli 1828 an Carl Fried­rich Zelter:

Bei dem schmerz­lichs­ten Zustand des Innern mußte ich wenigs­tens meine äußern Sinne scho­nen, und ich begab mich nach Dorn­burg, um jenen düs­tern Funk­tio­nen zu ent­ge­hen, wodurch man, wie bil­lig und schick­lich, der Menge sym­bo­lisch dar­stellt, was sie im Augen­blick ver­lo­ren hat und was sie dies­mal gewiß auch in jedem Sinne mit­emp­fin­det. Ich weiß nicht, ob Dorn­burg Dir bekannt ist; es ist ein Städt­chen auf der Höhe im Saal­tale unter Jena, vor wel­chem eine Reihe von Schlös­sern und Schlöß­chen gerade am Absturz des Kalk­flötz­ge­bir­ges zu den ver­schie­dens­ten Zei­ten erbaut ist; anmu­tige Gär­ten zie­hen sich an Lust­häu­sern her; ich bewohne das alte neu­auf­ge­putzte Schlöß­chen am süd­lichs­ten Ende. Die Aus­sicht ist herr­lich und fröh­lich, die Blu­men blü­hen in den wohl­un­ter­hal­te­nen Gär­ten, die Trau­ben­ge­län­der sind reich­lich behan­gen, und unter mei­nem Fens­ter seh‹ ich einen wohl­ge­die­he­nen Wein­berg, den der Ver­bli­chene auf dem ödes­ten Abhang noch vor drei Jah­ren anle­gen ließ und an des­sen Ergrü­nung er sich die letz­ten Pfingst­tage noch zu erfreuen die Lust hatte. Von den ande­ren Sei­ten sind die Rosen­lau­ben bis zum Feen­haf­ten geschmückt und die Mal­ven und was nicht alles blü­hend und bunt, und mir erscheint das alles in erhöh­te­ren Far­ben wie der Regen­bo­gen auf schwarz­grauen Grunde.
Seit fünf­zig Jah­ren hab‹ ich an die­ser Stätte mich mehr­mals mit ihm des Lebens gefreut, und ich könnte dies­mal an kei­nem Orte ver­wei­len, wo seine Tätig­keit auf­fal­len­der anmu­tig vor die Sinne tritt. Das Ältere erhal­ten und aus­ge­schmückt, das Neu­erwor­bene (eben das Schlöß­chen, das ich bewohne, ehe­mals ein Pri­vat­ei­gen­tum) mäßig und schick­lich ein­ge­rich­tet, durch anmu­tige Berg­gänge und Ter­ras­sen mit den frü­hern Schloß­gär­ten ver­bun­den, für eine zahl­rei­che Hof­hal­tung, wenn sie keine über­trie­bene For­de­run­gen macht, geräu­mig und genü­gend, und was der Gärt­ner ohne Pedan­te­rie und Ängst­lich­keit zu leis­ten ver­pflich­tet ist, alles voll­kom­men, Anlage wie Flor.

 

DORNBURG

Sep­tem­ber 1828

Früh wenn Tal, Gebirg und Gar­ten
Nebel­schlei­ern sich ent­hül­len.
Und dem sehn­lichs­ten Erwar­ten
Blu­men­kel­che bunt sich fül­len;
Wenn der Äther, Wol­ken tra­gend,
Mit dem kla­ren Tage strei­tet,
Und ein Ost­wind, sie ver­ja­gend,
Blaue Son­nen­bahn berei­tet;
Dankst du dann, am Blick dich wei­dend,
Rei­ner Brust der Gro­ßen, Hol­den,
Wird die Sonne röt­lich schei­dend,
Rings den Hori­zont vergolden.

 

 Goethe in Dornburg:

  1. Der Brunnen
  2. Das Renaissance- oder Goetheschloss
  3. Über dem Weinberghäuschen
  4. Das Rokokoschlösschen
  5. Über dem Fünfeck
  6. Altes Schloss
  7. Die Bacchantin
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