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Lukas Frank
Detlef Ignasiak: Das literarische Thüringen, Bucha 2018.
Friedrichroda ist eine Kleinstadt im Landkreis Gotha mit 7000 Einwohnern. Um 1040 gründete Ludwig der Bärtige (gest. 1056), Vater Ludwigs des Springer, oberhalb der heutigen Stadt Friedrichroda die Schauenburg, die Stammburg der Ludowinger, der späteren Thüringer Landgrafen, an der strategisch wichtigsten Stelle zwischen Gotha und Schmalkalden. Dort heiratete er Cäcilie von Sangerhausen, die wichtige Ländereien mitbrachte und damit die Voraussetzung für die Errichtung der Landesherrschaft und die glanzvolle landgräfliche Geschichte legte.
Johannes Rothe erzählt darüber in seiner »Düringischen Chronik« (15. Jh.). Friedrichroda wurde durch seine Position an einer Paßstraße durch den Thüringer Wald wirtschaftlich begünstigt, es entwickelte sich eine ausgeprägte Textil- und Bleichindustrie, später wurde auch Kupfer-Bergbau betrieben. Literarische Bekanntheit erlangte die Stadt aber vor allem durch ihren Status als Luftkurort sowie über das 1085 von Ludwig dem Springer, dem Nachfahren Ludwig d. Bärtigen, gegründete Kloster Reinhardsbrunn.
In Friedrichroda wirkte und lebte eine Reihe bedeutender Dichter und Schriftsteller. Cyriakus Schneegaß (1546–1597), der ab 1573 hier als Pfarrer wirkte, war Liederdichter, veröffentlichte Werke zur Musiktheorie und den materialreichen Briefwechsel zwischen Melanchthon und Myconius. Caspar Schmalkalden (1632–1668/75) erlangte mit seinen eindrucksvollen Reisebüchern über seine Unternehmungen in West- und Ostindien Ruhm. Die Manuskripte der »wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden nach West- und Ostindien« werden in der Forschungsbibliothek Gotha aufbewahrt.
Die vom Lexikographen Christian Friedrich Rost (1790–1862) verfaßte »Deutsche Grammatik« von 1814 und sein »Deutsch-Griechisches Wörterbuch« von 1818 waren wegweisend in ihrer Zeit. Johann Georg Eccarius, der 1818 in Friedrichroda geboren wurde, machte 1846 in London die Bekanntschaft von Karl Marx und wurde, von Marx und Engels inspiriert, zu einem Arbeiterjournalisten. Seit 1968 erinnert ein Denkmal im Friedrichsrodaer Kurpark an ihn.
Rudolf Otto Wiemer (1905–1998), der zunächst die Schule in Schnepfenthal besuchte und von 1923 bis 1924 das Lehrerseminar in Göttingen absolvierte, wurde später als Jugendbuchautor und Erzähler bekannt. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete er als Puppenspieler. In seinen Arbeiten beschäftigte er intensiv mit seiner Kindheit in Friedrichroda. Heute erinnert der Wiemerweg, auf dem in kurzen Abständen Gedichte Wiemers zu lesen sind, an den Dichter.
Aufgrund der schönen Landschaft entwickelte sich Friedrichroda nicht nur zu einem beliebten Ziel der Sommerfrischler, es wurde im 19. Jahrhundert zu einem international angesehenen Kurort, in den jährlich Besucher aus aller Welt strömten. Heute erinnert an diese Glanzzeit der Stadt die in jenen Jahren errichtete Bäderachitektur. Friedrich Christoph Perthes besuchte die Stadt über viele Sommer; er besaß eine eigene Wohnung in der Reinhardsbrunner Straße 13. Der Bildhauer und Schriftsteller Ernst Berlach besuchte zwischen 1894 und 1897 mehrfach seine Mutter, die 1893 nach Friedrichroda, in die Alexandrinenstraße 26 gezogen war.
Zu den berühmtesten Sommerfrischlern gehörten Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, die sich im August und September 1852 hier aufhielten. Im Juli 1873 stattete Theodor Fontane der Stadt einen Besuch ab. Heinrich Schwerdt und August Trinius schrieben um 1900 die ersten touristischen Führer. Carl Sternheim lernte im Juli 1900 hier seine Frau beim Tennisspielen kennen. Er war mit dem hiesigen kleinstädtischen Leben so verbunden, dass sich Namen ortssässiger Handwerker in späteren Komödien wiederfinden. Inge von Wangenheim kam als 11-jährige 1923 mit »einem großen Haufen blasser, benachteiligter Berliner Kinder zur Aufpäppelung« nach Friedrichroda und damit erstmals nach Thüringen.
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