Sei mir gegrüßt, mein Berg mit dem rötlich strahlenden Gipfel!
Sei mir, Sonne, gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint!
Dich auch grüß ich, belebte Flur, euch, säuselnde Linden,
Und den fröhlichen Chor, der auf den Ästen sich wiegt,
Ruhige Bläue, dich auch, die unermeßlich sich ausgießt
Um das braune Gebirg, über den grünenden Wald,
Auch um mich, der endlich entflohn des Zimmers Gefängnis
Und dem engen Gespräch freudig sich rettet zu dir.
Deiner Lüfte balsamischer Strom durchrinnt mich erquickend,
Und den durstigen Blick labt das energische Licht.
Kräftig auf blühender Au erglänzen die wechselnden Farben,
Aber der reizende Streit löset in Anmut sich auf.
Frei empfängt mich die Wiese mit weithin verbreitetem Teppich,
Durch ihr freundliches Grün schlingt sich der ländliche Pfad,
Um mich summt die geschäftige Bien, mit zweifelndem Flügel
Wiegt der Schmetterling sich über dem rötlichen Klee.
Glühend trifft mich der Sonne Pfeil, still liegen die Weste,
Nur der Lerche Gesang wirbelt in heiterer Luft.
(Der Spaziergang, Auszug)
Leider gibt es keinen Beleg dafür, dass Schiller tatsächlich auf dem Jenzig gewesen ist. Aber vor Augen hatte er ihn ganz sicher. Das muss dem heutigen Spaziergänger als Faustpfand genügen, wenn er den Berg erblickt und schließlich die vordere Terrasse des Jenzigs, die Hunnenkappe in einer Höhe von 363 m ü. NN, erklimmt.
Geologisch betrachtet steht man dann auf Muschelkalkbänken aus dem Trias, die vor rund 240 Millionen Jahren entstanden. Der Jenzig zählt zurecht zu den Sieben Wundern Jenas: »ara, caput, draco, mons, pons, vulpecula turris, Weigeliana domus, septem miracula Jenae.« Siedlungsbefunde aus der u. a. Bronze- und Eisenzeit belegen die frühe Bedeutung der markanten Erhebung. 1157 besaß Kaiser Barbarossa jenen »montem Genzege«. Vielleicht wegen des Weins der am Südhang bereits angebaut wurde?
Abb. 1: Ansichtskarte, um 1900 / Abb. 2: Foto: Wolfgang Haak.
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