Der Spaziergang – Auf Schillers Spuren in Jena

Person

Friedrich von Schiller

Ort

Jena

Thema

Literarisches Thüringen um 1800

Autor

Wolfgang Haak

Thüringer Literaturrat e.V.

Schillers letzte Wohnung in Jena: Das Griesbachsche Haus am Löbdergraben

 

Ein Besu­cher Jenas begeg­nete 1795 auf dem Markte einem lan­gen, lang­hal­si­gen Manne mit gesenk­tem Kopf, die Füße in Stul­pen­stie­fel gesteckt, den Leib mit einem grauen Ober­rock mehr behan­gen als beklei­det. Es war Schil­ler. Der Beruf des Besu­chers und sein Unter­neh­men hat­ten ihn bald in des­sen Hause ein­ge­führt und ihm den freund­lichs­ten Emp­fang berei­tet.

Ihm erschien Schil­lers Lebens­weise ganz und gar nicht natür­lich. Er stand sehr spät, oft erst gegen Mit­tag, zuwei­len sogar erst nach­mit­tags vom Schlafe auf. Dann trank er, anstatt zu spei­sen, eine Tasse Scho­ko­lade, und arbei­tete bis zum Abend, und, wenn er allein war, bis tief in die Nacht. Nicht sel­ten aber emp­fing er auch abends Gesell­schaft bei sich zu Hause, und zwar die aus­er­le­senste. Diese blieb beim ein­fa­chen Tee und But­ter­brot, im leben­digs­ten Gesprä­che, oft bis gegen Mit­ter­nacht bei­sam­men. Schil­ler nahm am geis­ti­gen Ver­kehre hier den leb­haf­tes­ten, aber immer höchst beschei­de­nen Ant­heil. Wenn dann die Gäste sich in sin­ken­der Nacht ver­lo­ren hat­ten, setzte er sich erst mit sei­ner Frau zu Tische und aß auf gut Schwä­bisch zu Abend. Manch­mal aber über­fiel seine Natur auch mit­ten im Gesprä­che der Schlaf, und zwar ohne alle Vor­bo­ten von Schläf­rig­keit; er sank im Stuhle plötz­lich zusam­men und musste von den Sei­ni­gen schla­fend zu Bette getra­gen werden.

Schil­ler hatte das Glück, 1795 vom Markt in das Haus des ange­se­he­nen Theo­lo­gen Johann Jakob Gries­bach mit sei­ner Fami­lie umzie­hen zu kön­nen. Wenn Schil­ler aus sei­nen Fens­tern im obe­ren Stock blickte, konnte er bei Son­nen­un­ter­gang den röt­lich strah­len­den Gip­fel des Jen­zigs über den Löb­der­gra­ben, die Saale und Weni­gen­jena hin­weg erblicken.

Das Wohn­haus steht heute nicht mehr. Es ver­sank im Bom­ben­ha­gel des zwei­ten Welt­kriegs. Übrig geblie­ben ist nur der Anbau des Gebäu­des, in dem Schil­ler am 26. Mai 1789 seine legen­däre Jenaer Antritts­vor­le­sung »Was heißt und zu wel­chem Ende stu­diert man Uni­ver­sal­ge­schichte?« hielt. Eigent­lich sollte Schil­ler am ande­ren Ende der Stadt in Rein­holds Hör­saal lesen. Aber der Andrang der Stu­den­ten­schaft war so groß, dass man ins Gries­bach­sche Audi­to­rium, das drei­hun­dert bis vier­hun­dert Zuhö­rer fas­sen konnte, umzie­hen musste.

Schil­ler berich­tet selbst in einem Brief vom 28. Mai 1789 an Gott­fried Kör­ner dar­über: Nun gab‘s das lus­tigste Schau­spiel. Alles stürzte hin­aus und in einem hel­len Zug die Johan­nis­straße hin­un­ter, die eine der längs­ten in Jena, von Stu­den­ten ganz besät war. Weil sie lie­fen, was sie konn­ten, um in Gries­bachs Audi­to­rium einen guten Platz zu bekom­men, so kam die Straße in Alarme, und alles an den Fens­tern in Bewe­gung. Man glaubte anfangs, es wäre Feu­er­lärm und am Schloss kam die Wache in Bewe­gung. Was ist‘s denn? Was gibt’s denn? Hieß es über­all. Da rief man denn! Der neue Pro­fes­sor wird lesen.

 Der Spaziergang – Auf Schillers Spuren in Jena:

  1. Blick zum Jenzig vom Ufer der Saale
  2. Über die Camsdorfer Brücke – auch eines der Sieben Wunder Jenas
  3. An der Schillerkirche »Unserer Lieben Frau«
  4. Am Gasthaus »Zur Distelschänke«
  5. Am Beginn des Zick-Zack-Weges
  6. Den Jenzig-Waldweg entlang
  7. »Nie kehrst du wieder goldene Zeit« - Bank zum Verweilen
  8. Jenzig-Gipfel mit Blick ins Saaletal und auf Jena
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