Person
Orte
Thema
Schriftsteller der Frühen Neuzeit
Sylvia Weigelt
Die Exkursion entstand im Rahmen eines Projekts der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
Luther kam als vierzehnjähriger Knabe im April 1498 das erste Mal nach Eisenach. Auf Wunsch seines Vaters hatte er die Schule in Magdeburg verlassen, um die Lateinschule der hiesigen Georgenkirche zu besuchen. Diese Entscheidung hatte weniger der gute Ruf der Eisenacher Schule bewirkt; vielmehr war es wohl die Überlegung, dass Martin hier familiäre Unterstützung erhoffen durfte. Denn, so bekannte Luther 1520, nachdem er – in Anspielung auf Jan Hus – einer »böhmischen« Herkunft bezichtigt wurde, »In Eisenach sitzt nämlich fast meine ganze Verwandtschaft, und ich selbst bin daselbst bei ihr bekannt und … wohlangesehen, da ich dort vier Jahre lang den Wissenschaften oblag; keine andere Stadt kennt mich besser.« (Brief an Georg Spalatin).
Luthers Vater Hans Luder (1459–1530) kam aus einer großbäuerlichen Familie in Möhra, einem Dorf zwischen Eisenach und Salzungen. Sie war reich begütert und führte seit dem frühen 15. Jahrhundert sogar ihr eigenes Wappen, eine halbe Armbrust und zwei weiße Rosen. Luther kreierte später daraus die Lutherrose, die er seit 1517 als Briefsiegel und seit 1524 für seine gedruckten Schriften verwendete; 1530 erklärte er sie zum Symbol für seine Theologie. Heute ist sie das Zeichen der lutherisch-evangelischen Kirche.
Luthers Mutter Margarete (1559/60–1531) stammte aus der ratsfähigen und wohlhabenden Familie Lindemann in Eisenach , deren Söhne eine akademische Ausbildung als Juristen vorweisen konnten. Ein anderer Verwandter (Konrad) der Mutter brachte es sogar bis zum Leibarzt des Kurfürsten Friedrich der Weise und zum Professor der Wittenberger Universität. Als Luther 1498 nach Eisenach kam, lebten hier immer noch mehrere Verwandte der Mutter, darunter wohl auch die Familie Schalbe, zu der Luthers – vor allem über die Legendenbildung bekannte – Wirtin Ursula Cotta gehörte.
In Eisenach kam Luther aber nicht nur mit seinen familiären Wurzeln in Kontakt. Durch die Familien Cotta und Schalbe sowie den Vikar Johannes Braun wurden hier, in seiner »lieben Stadt«, auch die Grundlagen seiner kulturellen und musischen Bildung gelegt. Und hier – »hoch oben auf der Burg im Reich der Vögel« -, auf der Wartburg, übersetzte er schließlich als »Junker Jörg« getarnt, das Neue Testament ins Deutsche. Bis heute ist die Lutherbibel der Bestseller der deutschen Literatur, das meist gedruckte Buch der Welt.
Auf der Wartburg war der »Geist« der heiligen Elisabeth noch gegenwärtig, derer Luther stets mit höchster Achtung gedenkt. Sie kam 1211 als vierjähriges Mädchen aus Ungarn nach Eisenach, um die Verbindung zwischen dem ungarischen Königshaus und dem Thüringer Landgrafenhof mit dem designierten Landgrafen Ludwig IV. durch eine Vermählung zu festigen. Hier heiratete sie 1221, hier wuchsen ihre drei Kinder auf. Hier erlebte sie glücklichste Zeiten an der Seite ihres Gemahls, hier durchlitt sie aber auch unglücklichsten Zeiten, die mit dem Tod Ludwigs 1227 ihren Anfang nahmen und mit ihrem Entschluss, Eisenach zu verlassen, endeten. Knapp zwanzig Jahre lebte Elisabeth in Thüringen, die meiste Zeit davon wohl hier in Eisenach, auf der Wartburg und auf der Neuenburg (Freyburg), ehe sie 1229 Richtung Marburg zog, wo sie 1231 starb. Ihre Heiligsprechung nur vier Jahre später war sowohl ein Politikum als auch Konsequenz eines höchst ungewöhnlichen Lebens.
Während Elisabeths Aufenthalte in der Stadt und auf der Burg vorzugsweise über die zahlreichen und weit verbreiteten Legenden lebendig geblieben sind, werden Luthers Aufenthalte in Eisenach von ihm selber mehrfach thematisiert und von der Forschung dokumentiert. Von 1498 bis 1501 besuchte er die Lateinschule zu St. Georgen und wohnte u. a. im Haus der Familie Cotta. Nachdem 1521 in Worms Bann und Acht über Luther verhängt worden waren, ließ ihn Kurfürst Friedrich der Weise auf die Wartburg in Sicherheit bringen. Von Mai 1521 bis März 1522 lebte er hier abgeschieden als Junker Jörg getarnt. 1529 und 1540 predigte er in der Georgenkirche, dem Ort, der am Anfang seiner Eisenacher Zeit steht.
Der Georgenkirche gebührt jedoch als Taufkirche des in Eisenach geborenen Komponisten Johann Sebastian Bach die touristische Aufmerksamkeit. Möglicherweise deshalb wurde das obligatorische Lutherdenkmal an einem anderen zentralen Ort aufgestellt, dem Karlsplatz.
Damit sind wir an der ersten unserer insgesamt 12 Stationen auf den Spuren Luthers und der heiligen Elisabeth angekommen.
Abb. 1, 2, 4, 5: Fotos: Sylvia Weigelt / Abb. 3: Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren, 1527.
›Literaturland Thüringen‹ ist eine gemeinsame Initiative von
Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen · Thüringer Literaturrat e. V. · MDR-Figaro · MDR Thüringen – Das Radio
Gestaltung und Umsetzung XPDT : Marken & Kommunikation © 2011-2025 [XPDT.DE]
© Thüringer Literaturrat e.V. [http://www.thueringer-literaturrat.de]
URL dieser Seite: [https://www.literaturland-thueringen.de/artikel/dem-volk-aufs-maul-geschaut-luther-in-eisenach/]