Vor kurzem hörte ich im Radio einen kleinen Beitrag zum Thema Antiquariatsläden. Er schilderte die ganzen Möglichkeiten des Erwerbs von bedrucktem Papier in den schönsten Farben, denn gerade in diesem Spezialgebiet des Buchhandels öffnet sich wirklich ein Kosmos der »Galaxis Gutenberg« wie in keinem anderen Bereich des Buchhandels. Aber wer weiß das noch, denn selbst nur im Internet surfende Bücherfreunde, die ja auf den Plattformen immer nur einen winzigen und engbegrenzten Ausschnitt über die Suchfunktion erhalten (und auch in den häufigsten Fällen nur einen einzigen Titel bestellen!), sind, falls sie doch einemal die Virtualität mit der Realität vertauschen, im Laden oft leicht erstaunt ob der sicht- und fassbaren Vielfalt.
Aber alles hat seine Licht- und Schattenseiten. Antiquariate sind inzwischen fast »Terra incognita«, Läden des Antiquariatsbuchhandels gibt es immer weniger zu finden im deutschsprachigen Bereich, denn im Netz findet auf Plattformen wie ZVAB und bei Amazon ein großer Preisverfall statt, vorwiegend im Massenbuchbereich, aber selbst wertvolle und bibliophile Titel sind unter Umständen schon preisgünstig zu haben. Und so kann ein zum Sparen gezwungener Leser sich eine gute und gediegene Bibliothek der Weltliteratur trotzdem zulegen, wofür andere Generationen ein mehrfaches an Geld ausgeben mußten. Aber merkwürdigerweise scheinen antiquarische Bücher (geschätzte Verfallszeit mind. 300 Jahre) nicht mehr hoch im Kurs zu stehen bei der lesenden jungen Generation, und von Sammeln kann schon gar nicht die Rede sein. (Wobei die Verfallszeit heutiger sammelwürdiger elektronischer Gegenstände schon bestimmt wesentlich niedriger liegt, so das ein Nutzen nach einiger Zeit ausfällt). Und von einer Sammlerschaft, von der ein Antiquar vorwiegend lebt und für die er auch fachkundig da ist, kann wohl heute nur noch im geringeren Maß die Rede sein.
Der Typus des Lesers erscheint heute im Laden eher selten, denn die meisten nutzen für den Erwerb von Büchern den Bereich »modernes Antiquariat« im Buchhandel, und nur gelegentlich taucht ein Leser auf, um günstig ein älteres Buch zu ergattern. Wie erreicht man es also heutzutage, dass ein junger Leser auch erstmal darauf neugierig wird und ein Antiquariat besucht und wie kann er dafür gewonnen werden, auch ein schönes Buch zu schätzen und vielleicht eine Sammlung aufzubauen, ich denke da an die Insel-Bücherei oder die »Andere Bibliothek«, alte Ansichtskarten vom Wohnort oder Speisekarten aller Zeiten – oder handgeschöpfte Papiere.
Die Technikgläubigkeit und ‑abhängigkeit steht hier als Firewall im Weg, die den Begriff »altes Buch« aussperrt. E‑Books und Smartphones als Ultima Ratio? Eine neue Offenheit für die Letternkunst der Tradition und der Moderne wäre zu wünschen. Vielleicht weisen die von der jungen Generation wiederentdeckten Schallplatten den Weg, denn auch die gibt es im Antiquariat.
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