Thema
Angela Egli-Schmidt
Alle Rechte bei der Autorin. / Erstdruck in: Thüringische Landeszeitung, 07.04.2017.
Die Weimarer Fachreferentin für Literatur setzt sich mit der Zukunft des Lesens und des Buches auseinander.
Einspruch, lieber Frank Simon-Ritz! Warum laden wir eigentlich zum Abschluss der diesjährigen LesArten zu einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des Lesens – Zukunft des Buches ein wenn Bereits im Vorfeld darüber Klarheit zu bestehen scheint, dass die Zukunft dem Elektronischen gehört? In Deinem TLZ-Gastbeitrag schreibst du von »Zeitgenossen – auch kluge und gebildete Menschen – die glauben, es komme jetzt darauf an, die Welt des Papiers gegen die Welt des Computers zu verteidigen«. Moderne Maschinenstürmer also, hoffnungslos verhuschte Bibliophile vielleicht, die in ihrem Elfenbeinturm sitzen und den Zubringer zur Datenautobahn verpasst haben?
Das Elektronische sei fragiler, luftiger und beweglicher als das Gedruckte, las ich dann weiter (auf Papier). Beschreibt nicht gerade diese Charakteristik die Ambivalenz, ja auch die Gefahr, die darin liegt? Es ist duch befristete Lizenzen nicht dauerhaft verfügbar, urheberrechtlich geschützt und kann verändert, gar manipuliert werden. Auch die Haltbarkeit elektronischer Speichermedien ist nicht garantiert. Wie verlässlich ist das Elektronische also, vermag es – ähnlich dem Kulturgut Buch – künftig unser kulturelles Gedächtnis zu bereichern? Es scheint an der Zeit, dass wir uns mit fortschreitender technischer Entwicklung ethischen Fragen – wie der nach der Souveränität des Lesers – stellen. Verkürzt gesagt: Lese ich oder liest mich das elektronische Buch? Jeremy Rifkins Entwurf von einem Zeitalter in dem Netzwerke an die Stelle von Märkten treten und aus dem Streben nach Eigentum, Streben nach Zugang wird, scheint auch mir verheißungsvoll. Er setzt eine Community von Gleichen voraus, wohl abgesichert durch bedingungsloses Grundeinkommen, die ihr Wissen und Können einer friedlichen globalen Wachstumsgesellschaft zur Verfügung stellen. Gegenwärtig ist freier Zugang zu Wissen so gar nicht frei – im Sinne von umsonst: globale Konzerne streben um Marktdominanz. Freie Verlage und Autoren streiten sich um Tantiemenhöhen, die beiden nicht die Zukunft sichern können. Der örtliche Buchhandel kämpft ebenso ums Überleben, während Google, Amäzon und Facebook bereits heute unsere Bedürfnisse von morgen kennen und Produkte dafür kreieren.
Nun hat sich im Netz eine Initiative »Publikationsfreiheit für eine starke Bildungsrepublik« gegründet, um für eine vielfältige, unabhängige Verlagslandschaft und die Sicherung der Autorenrechte zu werben. Die wirkt ein wenig wie David gegen Goliath. Leser kennen den Ausgang der biblischen Geschichte; es besteht also Hoffnung.
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